Langstreckensport steht für Kämpfen und Bangen, für Tränen, Jubel und Schweiß. Deshalb werden Fahrer zu Helden. Aber nicht nur Menschen, auch Maschinen erlangen Legendenstatus.
Porsche 917 KH Coupé
Es herrscht bei Porsche kein Mangel an prominenten Ziffernkombinationen, doch die Zahlenreihe 9-1-7 ist wohl, was den Rennsport angeht, die berühmteste von allen. Sie steht nicht nur für die bis heute stärksten und schnellsten Porsche-Rennwagen, sondern auch für eine ganze Generation von Wettbewerbsfahrzeugen, die nur durch Reglementänderungen – nicht aber durch Gegner im Rennen – gestoppt werden konnte. Als Ende 1967 das neue Regelwerk für die Markenweltmeisterschaft der Sportwagen veröffentlicht wurde, entschloss man sich in Stuttgart-Zuffenhausen zum Bau eines neuen Rennsportwagens für die Klasse bis fünf Liter Hubraum. Als Nachfolger der Erfolgstypen 907 und 908 erhielt der 917 ein luftgekühltes Zwölfzylindertriebwerk, dessen Leistung 1970 beeindruckende 426 kW (580 PS) bei 8300/min betrug. Am 14. Juni 1970 gelang Porsche beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans der erste von bislang 16 Gesamtsiegen. Nach exakt 4607,81 Kilometern oder 343 Runden überquerten die Fahrer Hans Herrmann und Richard Attwood im legendären Porsche 917 Kurzheck (KH) von Porsche Salzburg mit der Startnummer 23 als Erste die Ziellinie. Den Triumph für Porsche machten Gérard Larrousse und Willy Kauhsen im Martini-917 Langheck auf Platz zwei, gefolgt von Rudi Lins und Helmut Marko im Porsche 908/02 auf Rang drei, perfekt.
Baujahr: 1970
Klasse: Sportwagen
Motor: V12 (180°)
Hubraum: 4494 cm³
Leistung: 426 kW (580 PS)
Leergewicht: 800 kg
Höchstgeschwindigkeit: 340 km/h
Wichtigster Erfolg: Le-Mans-Sieg 1970
Fahrer: Hans Herrmann, Richard Attwood
Porsche 917 KH Coupé
Die „Haifischflossen“ auf dem Heck machten den Porsche 917 KH 1971 richtungsstabiler und senkten den Luftwiderstand um elf Prozent.
Im Jahr 1971 startete eine regelrechte Armada von sechs Porsche 917 in Le Mans. Eine Besonderheit war das Auto mit der Startnummer 22. Der weiße Rennwagen mit den charakteristischen Martini-Streifen hatte die neuen „Haifischflossen“ auf dem Heck, die Porsche erstmals beim Vortraining im April verwendet hatte. Sie machten den 441 kW (600 PS) starken Rennwagen richtungsstabiler und senkten den Luftwiderstand um elf Prozent. Außerdem war dieser 917 der erste in einem Rennen eingesetzte Porsche mit einem Gitterrohrrahmen aus Magnesium. Hierdurch wurde das Fahrzeug so leicht, dass die Techniker für eine günstigere Gewichtsverteilung statt eines 20 Liter großen einen 55 Liter fassenden Motoröltank einbauen konnten, um das geforderte Gewicht von 800 Kilogramm zu erreichen. Am 5. Juni fertiggestellt, legte der Rennwagen im Training von Le Mans 552 Kilometer zurück und siegte anschließend im 24-Stunden-Rennen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 222,3 km/h und einer zurückgelegten Distanz von 5335,16 Kilometern. Mit dieser Leistung stellten die Piloten Gijs van Lennep und Helmut Marko zwei Rekorde auf, die 39 Jahre lang bestehen sollten. In guter Porsche-Manier gewannen sie außerdem den „Index of Performance“, eine Auszeichnung für den geringsten Kraftstoffverbrauch im Verhältnis zum Hubraum.
Baujahr: 1971
Klasse: Sportwagen
Motor: V12 (180°)
Hubraum: 4907 cm³
Leistung: 441 kW (600 PS)
Leergewicht: 800 kg
Höchstgeschwindigkeit: 360 km/h
Wichtigster Erfolg: Le-Mans-Sieg 1971
Fahrer: Helmut Marko, Gijs van Lennep
Porsche 936 Spyder
Beim offenen 936 Spyder kam ein Aluminium-Gitterrohr- rahmen zum Einsatz, der von einer aerodynamischen Kunststoffkarosserie verkleidet wurde.
Neben der Markenweltmeisterschaft beteiligte sich Porsche 1976 auch an der erst kurz vor Saisonbeginn ausgeschriebenen Weltmeisterschaft für Sportwagen (Gruppe 6). In Rekordzeit entwickelten die Renningenieure mit dem Typ 936 einen neuen Rennsportwagen, der parallel zum Produktionsrennwagen 935 starten sollte. Technisch orientierte man sich bei der Entwicklung des offenen Spyder an den bewährten Konstruktionen 908/03 und 917/10. So kam ein Aluminium-Gitterrohrrahmen zum Einsatz, der von einer aerodynamischen Kunststoffkarosserie verkleidet wurde. Als Antrieb diente der 2,1-Liter-Sechszylinder-Boxer-Biturbomotor aus dem 911 Turbo RSR mit einer Leistung von 397 kW (540 PS). Der erste fahrbereite 936, aufgrund seiner mattschwarzen Lackierung intern „Schwarze Witwe“ genannt, absolvierte bereits in der zweiten Februarhälfte auf dem französischen Rennkurs Paul Ricard eine ausführliche Erprobung. Im Juni 1976 holten Jacky Ickx und Gijs van Lennep den überlegenen Gesamtsieg in Le Mans. In der Sportwagenweltmeisterschaft stand Porsche bereits nach vier von sieben Rennen als Titelträger fest und siegte am Saisonende mit maximaler Punktzahl. 1977 schlugen Jacky Ickx, Jürgen Barth und Hurley Haywood die Armada der sechs Werks-Renault. Im Jahr 1981 feierte der 936 mit einem weiteren Le-Mans-Gesamtsieg ein sensationelles Comeback.
Baujahr: 1976
Klasse: Gruppe 6
Motor: Sechszylinder-Boxer-Biturbo
Hubraum: 2142 cm³
Leistung: 397 kW (540 PS)
Leergewicht: 740 kg
Höchstgeschwindigkeit: 360 km/h
Wichtigster Erfolg: Le-Mans-Siege 1976, 1977, 1981
Fahrer: Jacky Ickx, Jürgen Barth, Hurley Haywood
Porsche 935/77
Mit dem 935 präsentierte Porsche eine 911- Rennversion, mit der 1976 nach fünfjähriger Pause wieder ein Markenweltmeistertitel geholt wurde.
Mit dem Ende der Rennsportära der Prototypen begann 1976 die große Zeit der Produktionsrennwagen der Gruppe 5. Mit dem 935 präsentierte Porsche ein fast 441 kW (600 PS) starkes Derivat des Elfers, mit dem nach fünfjähriger Pause wieder ein Markenweltmeistertitel nach Zuffenhausen geholt wurde. Zusammen mit dem Porsche 936 holte er 1976 die Weltmeisterschaftstitel und dominierte dank zahlreicher Kundenteams bis 1981 die Rennen der Gruppe 5. Erfolgreiche Piloten des Porsche 935 waren unter anderem Jacky Ickx, Jochen Mass, Klaus Ludwig, Rolf Stommelen, Manfred Winkelhock und Bob Wollek. Technisch basierte der 935 auf dem 911 Turbo, unterschied sich optisch jedoch durch seine aerodynamische „Flachschnauze“ sowie durch den markanten Doppel-Heckflügel. 1977 wurde die Aerodynamik des 935 noch einmal optimiert. Der Boxermotor erhielt zudem einen zweiten Turbolader, der die Leistung auf 463 kW (630 PS) erhöhte. Die Titelverteidigung in der Markenweltmeisterschaft glückte, und Rolf Stommelen wurde auf dem privaten Loos-Porsche 935 zudem deutscher Rennsportmeister. In den folgenden Jahren freuten sich noch viele Werks- und Privatfahrer über Erfolge mit dem 935.
Baujahr: 1977
Klasse: Gruppe 5
Motor: Sechszylinder-Boxer-Biturbo
Hubraum: 2857 cm³
Leistung: 463 kW (630 PS)
Leergewicht: 970 kg
Höchstgeschwindigkeit: 366 km/h
Wichtigster Erfolg: Markenweltmeister 1977
Fahrer: Jacky Ickx, Jochen Mass
Porsche 935/78
Wegen seiner breiten Langheck-Karosserie nannte man den Porsche 935/78 auch Moby Dick. Er ist bis heute der stärkste Neunelfer.
Der Höhepunkt des Entwicklungsvorhabens 935 war der Porsche 935/78 aus dem Jahr 1978 – der bis heute stärkste Neunelfer. Der wegen seiner breiten Langheck-Karosserie Moby Dick genannte Kraftprotz unterschied sich von den bisherigen Modellen unter anderem durch einen geänderten Rahmen, eine aerodynamisch verbesserte Karosserie und Rechtslenkung. Mit dem Ziel, Motorleistung und -standfestigkeit zu steigern, entwickelte man ein Triebwerk, das außer Konkurrenz fahren sollte. Gab es bis dato noch Probleme mit den Zylinderköpfen, wurden diese nun einfach miteinander verschweißt. Auch bei der Kühlung musste ein Kompromiss gefunden werden: So kühlte Wasser die Zylinderköpfe und Luft die Zylinder. Mit der neu eingeführten Vierventiltechnik griff der Boxermotor auf zwei Turbolader mit Ladeluftkühlung zurück. Mit dem auf 3211 cm³ erweiterten Hubraum ging die brachiale Leistung von 621 kW (845 PS) einher. Nach langer Dominanz zog sich Porsche 1978 aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft zurück, sodass Moby Dick nur wenige Einsätze erhielt. Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans schaffte der Rennwagen auf der Hunaudières-Geraden eine sagenhafte Geschwindigkeit von 366 km/h. Manfred Schurti und Rolf Stommelen landeten am Ende auf einem hervorragenden achten Platz im Gesamtklassement.
Baujahr: 1978
Klasse: Gruppe 5
Motor: Sechszylinder-Boxer-Biturbo
Hubraum: 3211 cm³
Leistung: 621 kW (845 PS)
Leergewicht: 1025 kg
Höchstgeschwindigkeit: 366 km/h
Wichtigster Erfolg: Sieg bei den 6 Stunden von Silverstone, 8. Platz in Le Mans
Fahrer: Rolf Stommelen, Manfred Schurti
Porsche 956 C
Das Erfolgsgeheimnis des 956 lag im perfekten Zusammenspiel von Aluminium-Monocoque, effizientem Turbomotor und revolutionärer Aerodynamik.
Die Motorsportsaison 1982 stand ganz im Zeichen neuer Rekorde: Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans konnte Porsche neben den Rängen eins bis fünf nahezu alle Klassen- und Sonderwertungen für sich verbuchen. Die ersten drei Plätze holte der für das neue Reglement der Gruppe C entwickelte Typ 956, der erste Porsche-Rennwagen mit Aluminium-Monocoque-Chassis und Ground Effect. Ab 1983 bot Porsche den 956 auch privaten Kundenteams an, die ihn parallel zum Werksteam höchst erfolgreich einsetzten. Siege in allen Läufen der Endurance-Weltmeisterschaft sowie der Gewinn der Marken-WM 1983, 1984 und 1985 unterstrichen die Dominanz des 956. Das Erfolgsgeheimnis dieses Rennsportwagens war das perfekte Zusammenspiel von Aluminium-Monocoque, einem höchst effizienten Turbotriebwerk und einer revolutionären Aerodynamik. Dies verschaffte dem 956 über Jahre hinweg eine Ausnahmestellung. Im Vorgriff auf die ab 1987 geltenden Bestimmungen der FISA (Fédération Internationale du Sport Automobile) entwickelte Porsche den 956 von 1984 an zum 962 weiter. In den Typen 956 und 962 wurde zudem eine technische Revolution mit dem Namen „PDK“ eingeführt: das Porsche-Doppelkupplungsgetriebe.
Baujahr: 1982
Klasse: Gruppe C
Motor: Sechszylinder-Boxer-Biturbo
Hubraum: 2649 cm³
Leistung: 456 kW (620 PS)
Leergewicht: 820 kg
Höchstgeschwindigkeit: 350 km/h
Wichtigster Erfolg: Le-Mans-Siege 1982, 1983, 1984, 1985
Fahrer: Jochen Mass, Vern Schuppan
Porsche 911 GT1 98
Der 911 GT1 aus dem Jahr 1998 war der erste Porsche mit Kohlefaser- chassis. Er hatte zudem einen wassergekühlten Sechszylinder-Boxer-Mittelmotor.
Für Werks- und Kundeneinsätze im GT-Rennsport wurde Mitte der Neunzigerjahre der 911 GT1 entwickelt, der 1996 sein Renndebüt gab. Als erster Elfer überhaupt besaß der GT1 einen wassergekühlten Mittelmotor, der neben einer ausgewogenen Achslastverteilung auch aerodynamische Vorteile bot. Hinter einem TWR-Porsche WSC 95 des Teams Joest erzielte der neue GT-Rennwagen 1996 in Le Mans auf Anhieb Rang zwei und drei im Gesamtklassement sowie einen Doppelsieg in der GT1-Kategorie. 1997 fielen in Le Mans beide 911 GT1 kurz vor Rennende mit technischen Problemen aus. Im Jahr darauf schickte Porsche eine überarbeitete Version des 911 GT1 an den Start, erstmals setzte Porsche einen Sportwagen mit Kohlefaserchassis ein. Durch das CFK-Monocoque (carbonfaser-verstärkter Kunststoff), eine überarbeitete Radaufhängung an der Vorderachse sowie Gewichtseinsparungen an Batterie und Generator verlor der 911 GT1 98 gegenüber seinem Vorgänger rund 50 Kilogramm. Der Verbrauch konnte dank eines überarbeiteten Motormanagements noch einmal reduziert werden. Ein weiteres Novum war die Dreischeiben-Rennkupplung aus Kohlefaser. Passend zum 50-Jahr-Jubiläum von Porsche errang das Unternehmen 1998 mit dem 911 GT1 einen Doppelsieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans.
Baujahr: 1998
Klasse: GT1
Motor: Sechszylinder-Boxer-Biturbo
Hubraum: 3164 cm³
Leistung: 404 kW (550 PS)
Leergewicht: 950 kg
Höchstgeschwindigkeit: 350 km/h
Wichtigster Erfolg: Erfolg: Le-Mans-Sieg 1998
Fahrer: Laurent Aïello, Allan McNish, Stéphane Ortelli
Text: Dieter Landenberger
Fotografie: Rafael Krötz