Im Entwicklungszentrum Weissach entstehen die LMP- und GT-Rennwagen. Die Technikspezialisten an den Boxen sorgen für den letzten Feinschliff. Im Grenzbereich sind die Piloten dann allein. Ein Rennfahrertraum. Und eine gewaltige Verantwortung. Für sechs Männer im 919 Hybrid. Und sechs Männer im 911 RSR.
Timo Bernhard (Deutschland) - Der Leidenschaftliche
919 Hybrid
Er weiß, wie es ist, das berühmteste Sportwagenrennen der Welt zu gewinnen. 2010 holte er mit Romain Dumas und Mike Rockenfeller den Le-Mans-Gesamtsieg für Audi. Er will es wieder tun. „Mit Porsche wäre es ein Hammer. Die Begeisterung für die Marke kann man nicht beschreiben.“ Bernhard, der seine Porsche-Laufbahn 1999 als Junior begann, hat sieben Gesamtsiege bei 24-Stunden-Rennen errungen – fünf Mal Nürburgring, je ein Mal Le Mans und Daytona. Langstreckenrennen sind nicht seine einzige Leidenschaft: 2013 gewann er in seiner saarländischen Heimat mit einem 911 GT3 einen Lauf zur Deutschen Rallye-Meisterschaft.
Romain Dumas (Frankreich) - Der Allrounder
919 Hybrid
Porsche ist sein Elixier. Wenn der Wahlschweizer nicht im Werkseinsatz Porsche fährt, dann in privater Mission. Etwa am Pikes Peak, in Macau oder in der französischen Rallye-Meisterschaft, wo er 2013 im 911 GT3 RS vier Läufe gewann. Sieben Gesamtsiege bei 24-Stunden-Rennen gehen auf sein Konto – der Le-Mans-Erfolg im Audi an der Seite von Timo Bernhard/Mike Rockenfeller 2010, vier Mal Nürburgring-Nordschleife und zwei Mal Spa auf Porsche. Von seiner Geburtsstadt Alès ist es nicht weit zum Meer, Boote sind eine weitere Leidenschaft. Dumas’ jüngste Passion hingegen kam erst Ende 2013 zur Welt und heißt Gabin.
Brendon Hartley (Neuseeland) - Der Hungrige
919 Hybrid
Generation Computer-Kid, gefragter Simulator-Fahrer mit Formel-1-Erfahrung, im Look vielleicht ein bisschen wie der junge James Hunt. Der jüngste Fahrer in der Riege ist früh erwachsen geworden. Als Teenager verließ er seinen Heimatkontinent, um seine Rennsportkarriere in Europa voranzutreiben, die 2007 mit dem Gewinn des Eurocup 2.0 der Renault World Series richtig Schwung aufnahm. Als Formel-1-Testpilot fehlte ihm der Wettbewerb, Hartley wandte sich den Sportwagenrennen zu, startete dabei auch zwei Mal in Le Mans. „Beim emotionalsten Rennen der Welt. Nie habe ich so viele gestandene Männer mit Tränen in den Augen gesehen.“
Neel Jani (Schweiz) - Der Fokussierte
919 Hybrid
Schweizer mit indischen Wurzeln, routinierter Langstreckenpilot, als Kind schon für Porsche begeistert. Ausfahrten auf dem Rücksitz von Papas Elfer waren prägend. Formel Renault, Champ Car World Series, Gewinn der A1GP-Serie, Jahre als Formel-1-Testfahrer – lange stand der Formelsport im Fokus. 2009 startete Jani, der mit seiner Frau Lauren in Port im schweizerischen Kanton Bern lebt, erstmals in Le Mans. 2011 gewann er die Le Mans Series mit dem Team Rebellion, 2012 schrammte er als Gesamtvierter, erneut im LMP1-Rebellion, am Podium in Le Mans vorbei. „Dort kann man nur in einem Top-Werksteam um den Gesamtsieg kämpfen.“
Marc Lieb (Deutschland) - Der Techniker
919 Hybrid
Als 20-Jähriger gewann der gebürtige Stuttgarter die Porsche-Junior-Fahrersichtung. Seither feierte er mit Porsche Siege in aller Welt, darunter fünf Gesamtsiege bei 24-Stunden-Rennen: vier Mal auf dem Nürburgring, ein Mal in Spa. In Le Mans siegte er mit Porsche bereits in der GT-Klasse – jetzt kämpft er dort in der Topkategorie. Der zweifache Familienvater bringt sich nicht nur in die Entwicklung von Rennwagen ein, auch bei der Entstehung des 918 Spyder war der Fahrzeugtechnik-Ingenieur ein gefragter Mann. Im Herbst 2013 gelang ihm mit dem Supersportwagen der Streckenrekord auf der Nürburgring-Nordschleife.
Mark Webber (Australien) - Der Rückkehrer
919 Hybrid
Ein Formel-1-Star – 215 Grands Prix, 13 Polepositions, neun Siege – stellt sich der Herausforderung Sportwagenrennen. Geboren in Queanbeyan (Australien), zog er 1996 nach England. Formel Ford, Formel 3, Sportwagen, Formel 3000, Formel 1. Mit Le Mans hat der begeisterte Outdoorsportler eine Rechnung offen: 1999 überschlug er sich im AMG-Mercedes gleich zwei Mal wegen eines Aerodynamik-Problems. Porsche bedeutet für ihn: „Superhoch entwickelte Sportwagen, die ohne Übertreibung auskommen. Perfekt in jeder Stimmung, in jedem Szenario.“ Er lebt mit seiner Partnerin Ann Neal (und mehreren Hunden) im englischen Aylesbury.
Jörg Bergmeister (Deutschland) - Der Ausdauernde
911 RSR
Bei all den Erfolgen, die Jörg Bergmeister mit Porsche schon gefeiert hat, sind es vor allem die Siege und Klassensiege bei den großen Langstreckenrennen, auf die er besonders stolz ist. Le Mans, Daytona, Sebring, Nürburgring, Spa – sie alle stehen in der Erfolgsstatistik des langen Blonden, der 2000 den Carrera Cup Deutschland und 2001 den Porsche Supercup gewonnen hat. Danach wurde er Werksfahrer. Rekord- verdächtige fünf Mal hat er in den USA den Titel in der populären American Le Mans Series gewonnen – 2006 sogar im Doppelpack mit der Grand-Am Series. Ein Kunststück, das nur er geschafft hat.
Marco Holzer (Deutschland) - Der Sunnyboy
911 RSR
Auch im Motorsport sind Lehrjahre keine Herrenjahre. Marco Holzer, der von 2008 an als Porsche-Junior gefördert und 2011 in den Porsche-Werksfahrerkader aufgenommen wurde, kann ein Lied davon singen. Der Sunnyboy, der 2010 beim 24-Stunden-Rennen in Dubai den Gesamtsieg gefeiert hat und im Jahr darauf beim Langstreckenklassiker auf dem Nürburgring den ersten Hybrid-Rennwagen von Porsche erfolgreich pilotierte, zeigte maximale Flexibilität bei seinen Einsätzen für Kundenteams in aller Welt. „Aber für das Porsche-Werksteam in Le Mans zu fahren“, sagt er, „davon habe ich immer geträumt.“ Jetzt bekommt er seine Chance.
Richard Lietz (Österreich) - Der Virtuose
911 RSR
Sein Klassensieg mit dem 911 RSR beim 24-Stunden-Rennen in Daytona war ein Saisonstart ganz nach seinem Geschmack. Der Österreicher, Porsche-Werksfahrer seit 2007 und in seiner Freizeit bei Rallyes und Eisrennen so virtuos unterwegs wie auf klassischen Rennstrecken, ist Erfolge gewohnt: Im Vorjahr feierte er seinen dritten Le-Mans-Klassensieg nach 2007 und 2010, im Juni soll möglichst der vierte folgen. Der Start in Le Mans ist für ihn diesmal eine Art Zugabe, denn in erster Linie soll er in der neuen Tudor United SportsCar Championship in den USA und in Kanada für Porsche den Titel holen.
Frédéric Makowiecki (Frankreich) - Der Ehrgeizige
911 RSR
Wie sehr sein Herz für Porsche schlägt, zeigen allein schon sein Ehrgeiz und seine Geduld beim Versuch, den Porsche Carrera Cup France zu gewinnen. Zwei Mal musste er sich mit dem zweiten Platz begnügen, ein Mal wurde er Dritter, bevor er 2010 endlich den ersehnten Titel holte. Schon damals eilte ihm der Ruf voraus, einer der schnellsten GT-Piloten der Welt zu sein. Die Belege dafür lieferte er in hochklassigen Meisterschaften wie der FIA-GT1-WM, wo er 2012 Zweiter wurde, und in der WEC. Als Porsche-Werksfahrer ist er jetzt zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. „Für Porsche zu fahren“, sagt er, „ist genau das, was ich schon immer wollte.“
Patrick Pilet (Frankreich) - Der Patriot
911 RSR
Er ist ein Mann für alle Fälle. In welcher Meisterschaft Patrick Pilet auch am Start ist, er ist immer für Siege gut. In der American und der European Le Mans Series ebenso wie in der International GT Open. Klassensieg beim 24-Stunden-Rennen in Daytona 2014, Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Dubai 2010. Im Carrera Cup France holte er 2007 den Titel. Nur in der WEC hat er es bisher noch nicht auf die oberste Stufe des Podiums geschafft. Das will er in dieser Saison nachholen, am liebsten natürlich in Le Mans. „Für einen Franzosen“, sagt er, „ist ein Sieg in Le Mans so wertvoll wie für einen englischen Tennisspieler der Sieg in Wimbledon.“
Nick Tandy (Großbritannien) - Der Traumfänger
911 RSR
Die neue Saison begann der Brite so, wie er die alte beendet hatte – mit einem Sieg in seiner Klasse: Im Oktober 2013 gelang ihm dies beim Petit Le Mans auf der Traditionsrennstrecke Road Atlanta, im Januar 2014 bei den 24 Stunden von Daytona zusammen mit Patrick Pilet und Richard Lietz. Mit dem Österreicher teilt er sich in dieser Saison den 911 RSR in der Tudor United SportsCar Championship. 2011 holte er den Gesamtsieg im Carrera Cup Deutschland, 2012 gewann er als erfolgreichster Privatfahrer auf dem 911 den Porsche Cup. Im Jahr darauf wurde er Werksfahrer. Für die 24 Stunden von Le Mans stößt er zur WEC-Mannschaft.
Text: Heike Hientzsch, Claus-Peter Andorka
Fotografie: Achim Hartmann