Mit heiserem Bariton stürmt der Cayman die kurzen Rampen zwischen den Serpentinen hinauf, er beschleunigt regelrecht explosiv. Leidenschaftliches Spätbremsen vor den Kehren, jetzt zeigen die optionalen Keramik-Bremsen wirklich, was sie können: Überirdische Wirkung und ein knallharter Druckpunkt sorgen für ein Höchstmaß an Vertrauen und immer dichter an die Kehren gesetzte Bremspunkte. Dann Bremse auf und druckvoll einlenken: Energisch, wie mit dem Zirkel gezogen, und ohne jede Unter- oder Übersteuerneigung schnappt der Cayman GTS in den Radius – ein geniales Exemplar der Gattung Mittelmotor-Sportwagen. Während sich bereits der normale Cayman in solchen Situationen von der besten Seite zeigt, schraubt der GTS die Messlatte noch einmal unerbittlich höher. Er operiert vollkommen sicher im absoluten Grenzbereich, weiter hinaus dringen höchstens reinrassige Rennfahrzeuge vor. Vor einem halben Jahrhundert hat man den 904 Carrera GTS als Renner mit Straßenzulassung konzipiert – hier auf der Hausstrecke dieses Fahrzeugkonzepts zeigt sich, dass der Cayman GTS das ebenso stringent interpretiert, nur eben genau andersherum: Er ist ein Straßenfahrzeug mit eingebauter Rennlizenz.
An der Schauinslandhöhe haben wir dann aber doch kapiert, dass uns das Adrenalin zu weit nach Süden gespült hat, deshalb lassen wir uns in den Richtungswechsel treiben. Da ist es ja auch schon, das Örtchen Himmelreich direkt am Eingang zum Höllental: Ein paar Häuser, dann verschwindet die Bundesstraße zwischen den sich immer enger zusammendrängenden Berghängen. Der Cayman faucht nach ein paar Kilometern unter den aufragenden Felsvorsprüngen des Hirschsprungs hindurch, und schlagartig ist die Erinnerung zurück: ein Auto voller Kinder, das gebannt den Erzählungen vom gejagten Hirsch lauscht, und dann ehrfürchtig das Denkmal auf der Klippe bestaunt, von der aus der gehetzte Hirsch die ganze Schlucht übersprungen haben soll.
Ein paar letzte Kurven, dann feuert der Cayman GTS aus dem engen Tal hinaus und auf die magische B 500, die sich über den gesamten Höhenrücken des Schwarzwalds bis nach Baden-Baden zieht. Bingo! Ab jetzt ist verfahren passé. Um nach Norden zu kommen, müssen wir einfach immer nur dieser Route folgen. Der GTS beschleunigt heftig, rein messtechnisch sind seine 11 kW (15 PS) Mehrleistung gegenüber dem Cayman S nur Zehntelsekunden wert, emotional wirkt er aber einfach noch einmal knackiger und zupackender als sein Bruder. Auch hier macht sich die GTS-Philosophie von Porsche bemerkbar: An die absolute Grenze gehen. Purist sein. Kompromisslos, wenn es um die reine Sportlichkeit geht.
Während wir den Cayman GTS weitertreiben, sind wir zunehmend fasziniert vom Charakter dieses konzentrierten Sportlers: Am frühen Morgen haben wir im Dunkeln das Mittelmeer hinter uns gelassen, sind pfeilschnell und sicher durch drei Länder Europas gefahren, und jetzt hat es dieser fabelhafte Wagen noch einmal geschafft, uns wachzuküssen: Mit stiller Freude versinken wir im Rhythmus aus Beschleunigung und Verzögerung, aus Einlenken und Auslenken, der Cayman GTS tanzt regelrecht durch die dichten, tiefgrünen Täler. Präzise, muskulös, endgültig definiert.
Am berühmten Marktplatz von Freudenstadt rollen wir neben einem Boxster aus, der gerade aus der anderen Richtung hier eingetroffen ist. Entweder auch ein Stau-Opfer oder ebenfalls ein Kurven-Connaisseur. An der charakteristischen Bugschürze mit dem großen Mittenkühler sowie den dunkel hinterlegten Scheinwerfern und Heckleuchten erkennen wir sofort den GTS. Seitenscheibe runter, ein kurzer Gruß, und natürlich können wir dem nächsten Impuls nicht widerstehen: Autotausch.
Fahren wir doch die letzten Kilometer über die Schwarzwaldhochstraße zusammen. Schnell an einer Parkbucht rechts raus, Handschlag, ein kurzes Kopfnicken, und schon sind wir wieder unterwegs. Nur, dass wir die typischen Häuserfassaden, die Schwarzwälder-Kirsch-Touristen und alle Verschlafenheit der Orte hinter den Bergen nun in Cinema-Scope-Optik aus dem Boxster GTS erleben können. Der kernige Sound aus den serienmäßigen Sportabgasanlagen brandet durch die Straßen, ungeduldig rollt unser kleiner GTS-Konvoi bis zur Stadtgrenze. Und dann schlagen die grünen Baumwipfelwogen des Tannenmeers über uns zusammen: nichts als Duft, Wind und Geschwindigkeit.
Der Boxster GTS steht seinem Coupé-Bruder in nichts nach. Wie ein Wirbelwind pulsiert er durch den dunklen Tunnel der Bäume. Diese Fahrt könnte ewig gehen. Aber irgendwann muss diese Schleife ein Ende finden. Als vor der Kurstadt Baden-Baden das blaue Hinweisschild in Richtung Autobahn auftaucht, stoppen wir am Straßenrand. Der Fremde im Cayman sagt nur einen Satz: „In Richtung Stuttgart kann man ja auch über den Schwarzwald abkürzen …“– Kopfnicken. Na logisch!
Unsere Reise geht in die Verlängerung.
Innenansicht mal Außenwirkung gleich verschärfter Freiheitsdrang
Dr. Stefan Weckbach, Leiter der Baureihe Boxster und Cayman, über die Idee hinter den beiden GTS-Mittelmotor-Sportwagen.
Für die einen mag es nur ein roter Hintergrund sein, auf dem der Drehzahlbereich angezeigt wird. Für die wachsende GTS-Gemeinde unter den Porsche-Fahrern, die erstmals diese berühmten drei Buchstaben bei den aktuellen Mittelmotor-Sportwagen findet, ist es ein unverkennbarer Hinweis auf das Mehr an Leistung und Ausstattung, die die verschärften Versionen mit ihren Kommunikationspaketen bieten. Und für Dr. Stefan Weckbach, den Leiter der Baureihe, sind solche Details nicht nur der optische Ausdruck der inneren Werte, sondern gehören auch zu jenen Bestandteilen eines harmonischen Gesamtpakets, „das GTS-spezifisch ist“. Gerade im Interieur von Cayman GTS und Boxster GTS halten Design, Material und Finish, was bereits das veränderte Bugteil verspricht. „Wir haben höchst emotionale Modelle, und das muss sich in jeder Hinsicht widerspiegeln“, weiß Weckbach. Stärkere Motoren, stärkerer Antritt, stärkerer Auftritt. Signalisiert schon durch den eingenähten Schriftzug in den Kopfstützen und die deutlich akzentuierten Nähte. Darum gebeten, seine beiden Athleten in einem Wort zu charakterisieren, wählt der Experte zunächst den Begriff „aktiv“. Dann wechselt er den verbalen GTS-Modus und legt nach: „Offensiv!“ Beim folgenden Hören und Fühlen der Wagen rund um das Forschungs- und Entwicklungszentrum von Porsche in Weissach, wo Boxster und Cayman ihre Gene verliehen bekommen haben, bestätigen sich die Attribute aktiv und offensiv. In Addition ergibt das: Attraktivität.
Besonders beim präzisen Hineinbremsen und Hinausbeschleunigen aus den Kurven bestätigt sich die Philosophie der GTS-Väter jedes Mal aufs Neue. Kurvenreiche Straßen sind wie geschaffen für die neue Doppelspitze von Porsche: Boxster GTS und Cayman GTS stehen sich in nichts nach.
Das jederzeit präsente Mehr drückt sich auch durch das serienmäßige Sport Chrono Paket aus: ein gegenüber den S-Modellen um je zehn Newtonmeter gesteigertes Drehmoment und – durch eine detailliert optimierte Motorenabstimmung – zusätzliche 11 kW (15 PS). Als erster Boxster erreicht der neue Spitzen-Roadster 281 km/h. So genau lässt sich jene Kernkompetenz messen, die Stefan Weckbach so gern anspricht. Gerade bei Zahlen macht dem 37-Jährigen so schnell niemand etwas vor. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium hat er an der Universität St. Gallen promoviert und in der Unternehmensberatung gearbeitet. Zu Porsche kam er 2008 und übernahm 2010 die Leitung der Geschäftsstelle des Vorstands und die Assistenz des Vorstandsvorsitzenden. Anschließend verantwortete der Vater zweier kleiner Töchter die Produktstrategie. Seit 2013 leitet er die Baureihe Boxster/Cayman.
In der Sportwagenpraxis fühlt er sich mehr als zu Hause. „Es war eine bewusste Entscheidung, die Modelle mit noch mehr Produktsubstanz auszustatten“, sagt Stefan Weckbach. Die GTS-Modelle sind für ihn ein klares Bekenntnis zum Anspruch von Porsche, immer das sportlichste Auto im Fahrzeugsegment zu bauen. Ermöglicht durch die gekonnte Spreizung von Top-Fahrdynamik mit unvermindertem Fahrkomfort und exklusiver Ausstattung. Für den Baureihen-Verantwortlichen faszinieren seine GTS-Modelle durch die „Summe ihres Könnens“. Ehrlicher Fahrspaß!
Technische Daten:
Cayman GTS (Typ 981)
Motor: Sechszylinder-Boxer-Mittelmotor
Hubraum: 3436 cm³
Leistung: 250 kW (340 PS)
Max. Drehmoment: 380 Nm bei 4750–5800/min
0–100 km/h: 4,9 (4,8*) s
Höchstgeschwindigkeit: 285 (283*) km/h
CO2-Emission: 211 (190*) g/km
Verbrauch
innerorts: 12,7 (11,4*) l/100 km
außerorts: 7,1 (6,3*) l/100 km
kombiniert: 9,0 (8,2*) l/100 km
Effizienzklasse: G (F*)
* mit Porsche-Doppelkupplungsgetriebe
Boxster GTS (Typ 981)
Motor: Sechszylinder-Boxer-Mittelmotor
Hubraum: 3436 cm³
Leistung: 243 kW (330 PS)
Max. Drehmoment: 370 Nm bei 4500–5800/min
0–100 km/h: 5,0 (4,9*) s
Höchstgeschwindigkeit: 281 (279*) km/h
CO2-Emission: 211 (190*) g/km
Verbrauch
innerorts: 12,7 (11,4*) l/100 km
außerorts: 7,1 (6,3*) l/100 km
kombiniert: 9,0 (8,2*) l/100 km
Effizienzklasse: G (F*)
* mit Porsche-Doppelkupplungsgetriebe
Text: Till Daun
Fotografie: Victor Jon Goico