Porsche - Auf Kurs

Auf Kurs

Sie ist der ultimative Kick für all jene, deren liebstes Hobby Rennfahren in einem Porsche ist: die GT3 Cup Experience als erste Begegnung mit einem reinrassigen Rennwagen auf dem Porsche-eigenen Rundkurs im Werk Leipzig. Manager wie Karlheinz Blessing werden in dieser „Fahrschule“ zu richtigen Rennfahrern.

Diese Stille erhöht die Anspannung. Wind streicht sanft übers Gras. Wie ein Diamant ragt das Kundenzentrum von Porsche Leipzig in den Himmel. Eine beinahe weltabgewandte Atmosphäre liegt in diesem Augenblick über dem Werksgelände. Dann betätigt Instrukteur Manuel Lauck den Startknopf des Porsche 911 GT3 Cup – und der Sound des 3,8-Liter-Boxermotors weckt den Rennfahrer im Menschen: Adrenalin-Alarm. Auch bei Karlheinz Blessing. Ein Manager wird zum Racer.

Der 57-Jährige ist im Leben abseits der Rennstrecke Vorstandsvorsitzender der über 300 Jahre alten Dillinger Hüttenwerke und der Saarstahl AG. Blessing hat in Konstanz Wirtschaftswissenschaften studiert und darin promoviert. Er ist ein Zahlenmensch. Das passt ja zu Rundenzeiten. Doch bei der Wahl seines Hobbys lässt er sich auch von Emotionen lenken. Seit zwei Jahren startet er im Porsche Sports Cup mit seinem eigenen 911 GT2. Die gewonnenen Pokale wiegt er bei der Siegerehrung wie Babys auf dem Arm. Karlheinz Blessing ist kein Träumer. Er sinniert: „Rennfahren ist ein komplexes System, in dem ich an die Grenze gehe und auf den Punkt hoch konzentriert sein muss. Genau diese Fähigkeit brauche ich auch als Manager. Der Rennsport kommt mir da zugute.“ Gleichzeitig dient ihm die Freizeitbeschäftigung als Entspannung. „Abschalten geht nirgends besser als im Rennauto! Dann ist die andere Welt weit weg. Wenn ich in hohem Tempo auf eine Kurve zufahre, kann ich definitiv an nichts anderes denken.“

Blessing ist jemand, der beruflich wie privat auf Leistungs­steigerung setzt. Deshalb ist er hier, auf der exklusiven Porsche-Teststrecke auf dem Leipziger Werksgelände. Er kennt die anspruchsvolle und in mehreren Kombinationen befahrbare Piste von vielen Veranstaltungen der Porsche Sport Driving School. Doch diesmal erschließt er sich neues Terrain. Der Manager hat die GT3 Cup Experience gebucht, ein Programm der ganz besonders rasanten Art, mit persönlichem Coach und einem reinrassigen Rennwagen, wie er im Porsche Mobil 1 Supercup zum Einsatz kommt.

Andächtig und respektvoll betrachtet Karlheinz Blessing aus der Hocke den Rennelfer. Neben ihm kniet Instrukteur Manuel Lauck. Laucks Vita ist die eines klassischen Rennfahrers: Auf Einstiegsjahre im Kart folgten Aufstieg und Erfolge in Markenpokalen und im Langstreckensport. 2006 holte Porsche den Profi als Instrukteur nach Leipzig. Seither lehrte Lauck ungezählten Enthusiasten sportlich-sicheres Fahren.

Jetzt zieht er zunächst das Lenkrad aus der Halterung und erklärt Karlheinz Blessing Knöpfe und Schalter. Es herrscht ein großes Vertrauen zwischen dem Coach und seinem Schüler. Man hört das an der Art, wie sie miteinander reden. Beide kennen sich seit Jahren, denken leistungsorientiert, und sie teilen die Begeisterung für den Motorsport.

Das Programm der GT3 Cup Experience sieht insgesamt vier Fahraktionen à circa 15 Minuten im Cup-Fahrzeug vor, wird aber individuell gehandhabt. Normalerweise beginnt die Schulung im Serien-GT3, damit man erst einmal die Strecke kennenlernt. Da Blessing aber schon oft hier war, entfällt dieser Part. Fester Bestandteil ist, dass er als Erstes einige Runden auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Lauck fährt. Dank einer Intercom-Sprechanlage können sich die beiden im Rennwagen perfekt verständigen. Der Coach erklärt in voller Fahrt Bedienelemente, Schaltung, Bremspunkte, Ideallinie. Dann stoppt er an der Box.

Karlheinz Blessing schält sich aus dem Cockpit des Cup-Renners – nicht einfach, wenn der Rennhelm samt Kopf-und-Nacken-Schutzsystem den engen Ausstieg durch den Sicherheitskäfig zusätzlich erschwert. „Oh, das muss ich üben“, sagt Blessing mit einem Grinsen, als er den Cup-Rennwagen umrundet. Jetzt, endlich, darf der Unternehmer auf dem Fahrersitz Platz nehmen. „Fahr erstmal, gewöhn’ dich dran, dann machen wir Feintuning“, sagt Lauck in ruhigem Tonfall. Er weiß um den Adrenalinschub.

„Das Auto fährt sich so spielerisch leicht, total easy, das hätte ich nicht erwartet“, sagt Blessing nach der ersten Ausfahrt. Aber der Instrukteur mahnt zur Vorsicht. „Wegen der fehlenden Helferlein reagiert das Cup-Fahrzeug anders als mein Serien-Elfer“, hat auch Blessing auf Anhieb gelernt. Die Helferlein, das sind ABS, Traktions- und Stabilitätskontrolle, also alles, was einen Sportwagen im Alltag zusätzliche Sicherheit verleiht. Im nur 1150 Kilogramm leichten Cup-Renner gibt es das alles nicht. „Es ist ein anderes Fahren“, bestätigt Lauck, „ohne ABS in die Kurve reinzubremsen, das ist etwas ganz anderes.“

Nach dem Fahren ist vor dem Fahren, und deshalb kommt in den Pausen das De-Briefing, die Datenanalyse. Für einen Moment muss sich Karlheinz Blessing wie im Büro vorkommen, nur dass hier seine persönliche Fahrbilanz gezogen wird. Schonungslos, denn die Telemetrie zeichnet unbestechlich jedes Manöver auf. Der Zickzack der Daten-diagramme wird ergänzt durch die Videobilder der Onboard-Kamera. „Guck, du warst schon recht kontinuierlich unterwegs, die letzten beiden Runden waren fast auf ein Zehntel gleich“, sagt Manuel Lauck. Diese Konstanz auf der Ideallinie unterscheidet gute Rennfahrer von weniger guten. „Und hier siehst du, dass du schon sehr gut gebremst hast, das ist ein gerader Strich. Hart bremsen, Bremse lösen, Auto gerade stellen und erst dann wieder Gas geben, so geht’s. Auf zur nächsten Runde!“

Die Porsche-Strecke in Leipzig, auf der keine Rennen ausgetragen werden, bietet Platz in Hülle und Fülle, um sich zum Rennfahrer ausbilden zu lassen. Der 3,7 Kilometer lange Rundkurs entspricht allen Vorschriften des Automobilweltverbandes FIA. Konzipiert hat die Piste mit dem internationalen Standard Hermann Tilke, aus dessen Feder praktisch alle modernen Formel-1-Rennstrecken stammen. Der Architekt durfte sich in Leipzig austoben und hat berühmte Kurven aus aller Welt – wie beispielsweise die Bus-Stop-Schikane aus Spa-Francorchamps oder die Curve di Lesmo aus Monza – zu einem flüssigen Kurs kombiniert (siehe Streckenbeschreibung auf Seite 56). Gewöhnungsbedürftig war für Blessing auch das Anfahren, denn die Kupplung beißt nur in einem extrem kleinen Bereich. Man braucht sie nur zum Losfahren und um die Gänge beim Anhalten auf „neutral“ zu stellen. Im Fahrbetrieb reicht ein leichter Zug an den Schaltwippen am Lenkrad zum Gangwechsel. Im Vorgänger-Fahrzeug gab es diesen Luxus noch nicht; da musste man noch kuppeln und Zwischengas geben. Blessing ist ganz aus dem Häuschen: „Die Schaltung mit den Paddles ist einfach genial! Und der Spaßfaktor dabei ist riesig.“

Karlheinz Blessing ist ein Spätberufener in Sachen Porsche. „Es gab lange eine Hemmschwelle. Als ich aber vor vier, fünf Jahren meinen ersten Porsche hatte, war es sofort um mich geschehen.“ Es geht ihm dabei nicht um das Image, ihn begeistert die Technik: „Mich fasziniert, wie Porsche Dinge zusammenbringt, die sich eigentlich widersprechen. So wie bei Schnelligkeit und Spritverbrauch. Und dass ich mit einem GT3-Straßenauto zum Bäcker fahren kann, aber auch auf der Rennstrecke, das ist großartig.“

Der Rhythmus, den die Fahrabschnitte und die anschließende Analyse vorgeben, taktet die fast fünfstündige Exklusiv-Schulung. Nach Blessings letztem, gut 15 Minuten währenden Einsatz auf der Strecke, verteilt der Coach beim Blick auf die Diagramme beste Noten: „Schau, das Bremsen hast du jetzt perfekt drauf. Du bist am Ende sehr konstant gefahren und hast dich von der Rundenzeit her stets gesteigert. So muss es sein.“ Rennfahrschüler Blessing ist total begeistert: „Alles ist unmittelbarer mit diesem Rennauto. Da ist nichts dazwischen. Ich lenke extrem ein, das Auto reagiert. Ich gehe in die Kurve und spüre am ganzen Körper die Kurvengeschwindigkeit.“ Aber nun ist es fürs Erste auch genug. „Es stürmt viel Neues auf einen ein, das strengt ganz schön an“, sagt Karlheinz Blessing, der Racer.

Text: Eva-Maria Burkhardt
Fotografie: Michael Haegele

Selbst-Erfahrung

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Die schönsten Kurven der Welt: Jeder Streckenabschnitt hat ein berühmtes Rennstrecken-Vorbild

Die GT3 Cup Experience steht interessierten Porsche-Fahrern offen, die bereits mehrfach an einem Fahrtraining der Porsche Sport Driving School (Trainingslevel Performance) oder vergleichbaren Trainingsformen teilgenommen haben.

„Das Besondere an der GT3 Cup Experience ist, dass man hier das Fahren mit einem Rennauto lernt“, sagt Porsche-Instrukteur Manuel Lauck. „Wir hatten in Leipzig zunehmend Nachfragen interessierter Kunden; also haben wir 2012 die GT3 Cup Experience aus der Taufe gehoben. Sechs bis zehn Mal pro Jahr führen wir sie durch, je nach individuellen Anfragen.“

Terminabsprache und Anmeldung unter:

cup@porsche-leipzig.com

www.porsche-leipzig.com