Showtime!
Die Form folgt der Funktion – das gilt nicht nur für alle
Der Raum ist so groß wie eine Turnhalle. Und mindestens so nüchtern. Die Wände sind kompromisslos weiß. Ohne Bilder, Schmuck und Farbe. Von den Leuchtelementen an der hohen Decke fällt diffuses Licht, wie an einem leicht bewölkten Sommertag. Der Boden ist dunkelgrau. Sonst ist da nichts. Aber dieses Nichts, das ist alles.
Michael Mauer findet diese Halle so großartig, dass seine blauen Augen leuchten. Er zeigt auf drei große Drehscheiben, die in den grauen Boden eingelassen sind. Hier wird er seine Modelle präsentieren, im Maßstab 1:1. Alle werden dieselbe Farbe haben: Silber. Man könnte meinen, Herr Mauer sei ein trockener Purist. Doch der Mann strahlt lebhafte Begeisterung aus, bis in die Gesten seiner feingliedrigen Hände.
Der Leiter von Style
Der Boden ist dunkelgrau – weil diese Farbe dem Asphalt der Straße ziemlich nahe kommt. Und das Licht strahlt nicht gleißend hell wie an einem Urlaubstag am Strand – weil das menschliche Auge unter einem leicht bewölkten Himmel Formen besser beurteilen kann. Dass alle Modelle der künftigen Sportwagen in derselben Farbe präsentiert werden, hat auch seinen Grund. Es geht um die Vergleichbarkeit, und nichts soll von der Linienführung ablenken. Deshalb werden alle Modelle in unaufdringlichem Silber gezeigt.
Galerie.
Michael Mauer ist 52 Jahre alt, als Automobildesigner hat er schon in Göteborg und Tokio gearbeitet. Aber der kleine Ort Weissach bei Stuttgart hat etwas zu bieten, was er in diesen Großstädten vermisst hat: Inspiration durch die Natur. An der Stirnseite ist die Präsentationshalle verglast, gleich hinter dem
Weissach wächst. „Unser Entwicklungszentrum ist ein Innovationsbeschleuniger“, sagt Michael Mauer, „weil alle Abteilungen hier so dicht beieinanderliegen.“ Wenn ein Modell von den
Trotz aller Ideenbeschleunigung dauert die heiße Phase an einem neuen Modell etwa zwei Jahre. Gut hundert
Haben die Exterieurdesigner neue Modelle am Rechner entworfen, bauen sie im nächsten Schritt Karosserien aus Plastilin. Anschließend folgen solche aus hoch verdichtetem Hartschaum, im Maßstab 1:1. Weil die Räumlichkeiten viel Platz bieten, können sie den richtigen Betrachtungsabstand einnehmen. Mauer erklärt, warum das wichtig ist: „Wenn ich einen Meter vor einem
Außerdem haben die Modelleure in der Halle jederzeit die Möglichkeit, ihre Arbeit in natürlichem Tageslicht zu überprüfen. Sie schieben gerade einen
Die Aussicht der Gestalter muss freilich vor unbefugten Einblicken geschützt werden. Der Grundriss des
Ungestörtes Arbeiten auch in der nächsten Halle, hier entwickeln die Interieurdesigner das Innenleben der Sportwagen. Michael Mauer legt großen Wert darauf, dass die Abteilung nicht im eigenen Saft schmort. „Wenn das Exterieur die Bordkante tieferlegt, muss das Interieur darauf reagieren.“ Keine Disziplin soll sich in ihre Nische zurückziehen. Für die entsprechende Transparenz und Kommunikation sorgt die Architektur des
Die Begegnungstreppe führt in das obere Stockwerk. Dort stehen die Schreibtische der
Diese Abteilung heißt „Colour & Trim“, Farbe und Zubehör. Ihre Werkstatt wurde an die Nordseite des Gebäudes gelegt. „Weil man bei neutralem Licht Farbtöne bestmöglich beurteilen kann“, erklärt der Leiter von Style
Am Schluss des exklusiven Rundgangs zeigt Michael Mauer noch die Besprechungsräume. Auch auf diese ist er stolz, „weil sie im schönsten Teil des Gebäudes liegen. Hier kann die Energie fließen.“ Die Fenster ermöglichen die Aussicht aufs Grün. „Kann schon sein, dass der eine oder andere mal den Blick schweifen lässt. Aber das ist oft hilfreich. Bei jedem Projekt kommt man an einen Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht. Der Blick ins Freie hilft, die festgefahrenen Gedanken zu lösen“, weiß Mauer.
Seine Naturbegeisterung hat freilich Grenzen. „Grün ist gut“, sagt er, „aber nur dort, wo es hingehört.“ Die Schreibtische seiner
Text Johannes Schweikle
Fotografie Hans-Georg Esch: Jahrgang 1964, arbeitet seit 1989 als freischaffender Architekturfotograf. In seinen Arbeiten eröffnet er weit mehr als nur den Blickwinkel auf Bauwerke. Davon künden auch künstlerische Buchproduktionen wie „Megacities“ oder „Cities Unknown“.