Szenenwechsel: Im kalifornischen Küstenabschnitt von Monterey herrscht alljährlich an einem August-Wochenende der Ausnahmezustand. Er zieht eine halbe Million Menschen zum Rendezvous der automobilen Diamanten und der stolzen Milliardäre nach Pebble Beach, auf den Golfplatz von Quail, in den romantischen Küstenort Carmel-by-the-Sea und zur Rennstrecke Laguna Seca in die wüstenähnlichen Hügel des Hinterlandes. Wenn unten an der Küste noch der feine Nebel das Sonnenlicht filtert, dann brennt auf dem Rennkurs längst die Hütte – bildlich gesprochen. Auf diesen besonderen Kurven erlebt der Sport mit den bellenden Rufen der Maschinen und dem Duft der Abgase in der Tradition der Schnelligkeit seine Wiedergeburt, und alte Rennautos werden zusammen mit ihren Fahrern wieder jung. Für zwei, drei Tage.
Es geht aber noch härter, zumindest aber höher hinaus. Dann nämlich, wenn die Steiermark im Juli zur Steuermark wird. Bei der Ennstal-Classic gibt es zunächst eine Bergprüfung am Stoderzinken, am nächsten Tag dann einen Marathon mit 421 Kilometern. Da kommen in Österreich nicht nur die Autos ins Schnaufen. Alles meist wunderbare Sportwagen, schon wegen der Nähe zur Natur natürlich offen gefahren. Sehen und gesehen werden gehören auch dazu, mit eleganten Fahrern in geschmeidiger Begleitung und mit legerer Kleiderordnung. Die Besucher, besonders während des Schaulaufens beim Grand Prix von Gröbming erleben die fahrende Wunderwelt von gestern als begeisternde Begegnung zum Anfassen. Die Ennstal-Classic ist von geordneter Lässigkeit, einfach herrlich – und ganz nebenbei von Porsche gesponsert.
Für die nach Schätzungen deutlich mehr als einhundert weltweit veranstalteten Oldtimer-Rallyes und -Rennen, für die Concours d’Élégance und Zuverlässigkeits- oder Gleichmäßigkeitsfahrten gibt es keine verbindliche Hitliste. Die intensiv, aber kurz charakterisierten Veranstaltungen erfüllen die Stellvertreterfunktion. Unverzichtbar sind im Ranking der Begeisterung zudem die seit 1977 als Ausfahrt für historische Fahrzeuge firmierende Mille Miglia, dann das historische Le-Mans-Rennen, die historische Sachsen Classic, die fein konzipierte Schloss Bensberg Classics, die noch junge Paul Pietsch Classic und die exotische Top City Classic Rally China. Alles Veranstaltungen von sehr unterschiedlichem Charakter, aber mit einer von den Klassik-Freunden geschätzten Gemeinsamkeit: Porsche ist dabei, mit historischen Fahrzeugen, die eigens für diese Einsätze in der Werkstatt im Porsche-Museum gehegt, gepflegt, restauriert und in Reserve gehalten werden.
Sie gehören per Konzept zum Fahrzeugbestand und bilden den inneren Kern für das Rollende Museum. Ein Begriff, der zeigt, dass alte und historische Sportwagen auch nach einem längeren Autoleben noch genügend Vitalität für fordernde Auftritte besitzen. Das Rollende Museum, sagt Achim Stejskal, Leiter des Porsche-Museums und verantwortlich für historische Öffentlichkeitsarbeit, sei quasi ein zweites, ein mobiles Museum für Veranstaltungen, das aus dem permanenten Bestand bei Bedarf hervorgeht: „Unsere Ausstellung ist in einem ständigen Wandel, es gibt immer etwas Neues zu sehen. Die Autos im Museum sind fast alle fahrbereit.“ Damit will und kann Porsche Langlebigkeit und Konkurrenzfähigkeit auch der historischen Produkte demonstrieren, auf der Rennpiste oder in Rallyes, die den Autos mit den vielen Jahren auf dem schnellen Rücken doch einiges abverlangen. Denn nicht selten sitzen auch die Profis von einst im Cockpit. Und die haben nicht vergessen, wie motivierend sich das anfühlt, wenn 441 kW (600 PS) im Heck zum Einsatz kommen.
Die für unterschiedlichste Veranstaltungen benötigten Exemplare, zum Beispiel den eleganten 911 2.0 in zeitgemäßer beiger Lackierung oder den 917 K, den Le-Mans-Sieger von 1971, werden von ihrem Ausstellungsplatz in den Aufzug gerollt, in der Werkstatt inspiziert, bei der Veranstaltung eingesetzt, gepflegt – und dann auf ihren Platz in der permanenten Ausstellung zurückgebracht. Porsches Sammlungsbestand zählt etwa 520 Fahrzeuge. Nicht alle für die Öffentlichkeit, eher als Reserve und im Hintergrund die Wichtigkeit des historischen Bewusstseins stützend.
Alexander E. Klein leitet das Fahrzeugmanagement des Porsche-Museums. Das ist kein wirklich ruhiger Job. 2013 beispielsweise, im Jubiläumsjahr des 911, hatte er mehr als alle Hände voll zu tun: Es wurden insgesamt 128 verschiedene Elfer-Typen eingesetzt. Klein hält seine ordnenden und registrierenden Hände über die historischen Zeugen der sportlichen Zeiten und führt penibel Buch über die mobilen Schätze. Dass diese seit Jahren immer häufiger zu Einsätzen abgerufen werden, zeigen ein paar seiner Statistiken: Mehr als 200 Exemplare sind praktisch aus dem Stand dazu geeignet, mobil zu werden. Sonst tun sie Dienst im Museum, aber immer häufiger sind sie auf Achse. Noch 2011 rückten diese Porsche-Museumsautos zu 132 Einsätzen aus, 2013 waren es bereits 235 Veranstaltungen, die von Porsche mit Fahrzeugen unterstützt wurden. Für das Wohlbefinden dieses besonderen Fuhrparks sind ein Meister und drei Technikspezialisten zuständig, die bei Bedarf von Porsche Classic, der Werksinstandsetzung sowie der Abteilung historischer Motorsport unterstützt werden.
Die Auftritte der historischen Porsche sind authentisch wie die Marke, egal ob auf der Straße oder auf der Rennstrecke. Ihre Botschaft ist die Fähigkeit zum Leben und Fahren. Ein rollender Beweis für die Faszination Porsche.
Text Wolfgang Peters
„Ich werde nächstes Jahr wieder fahren“
Dr. Wolfgang Porsche über seine Leidenschaft für die historische Mille Miglia und die Ennstal-Classic in Österreich.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates von Porsche hat sein Faible für Classic-Veranstaltungen eher spät entdeckt. „Ich bin in diesem Jahr zum ersten Mal bei der Mille Miglia mitgefahren“, verrät Dr. Wolfgang Porsche, „und mein Sohn Ferdinand war Beifahrer.“ Die italienische Oldtimer-Rallye wurde ihm am Anfang des Jahres von Freunden so eindringlich empfohlen, dass der jüngste Sohn des Firmengründers Ferry Porsche nicht anders konnte, als rasch nach einem talentierten Co-Piloten und einem geeigneten Fahrzeug zu suchen.
„Wir haben uns dann für einen 356 Speedster aus dem Porsche-Museum entschieden und sinnigerweise auch die entsprechende Startnummer 356 erhalten“, führt Dr. Porsche weiter aus. Die Nennung Porsche auf Porsche ist bei Oldtimer-Veranstaltungen sehr selten, weil die Familie Porsche ihre Neigung für klassische Automobile meist diskret genießt.
Wolfgang Porsche sammelt das Familiensilber inzwischen gezielt. Vom 356 America Roadster über rare, frühe Speedster und 550 Spyder bis hin zum ersten ausgelieferten 918 Spyder ist seine Kollektion an Porsche-Sportwagen so komplett, dass nun auch frühe Konstruktionen seines Großvaters Ferdinand Porsche dieses Portfolio ergänzen, wie zum Beispiel das Egger-Lohner-Elektromobil aus dem Jahr 1898 und ein Austro-Daimler Bergmeister Cabriolet von 1932.
Den Austro-Daimler ließ Dr. Porsche so perfekt restaurieren, dass der offene Viersitzer mit nobler weiß-grauer Lackierung 2011 beim Concours d’Élégance im kalifornischen Pebble Beach für Furore sorgte. Schließlich weiß Wolfgang Porsche als Jahrzehnte langer Ehrengast bei den US-amerikanischen Porsche-Paraden sehr genau um den peniblen Perfektionsdrang bei derartigen Veranstaltungen auf dem wichtigsten Sportwagenmarkt von Porsche.
Als Student kultivierte er sein von Großvater und Vater geerbtes Fahrtalent bei sogenannten Gymkhanas, Geschicklichkeitsfahrten auf Zeit, um es dann zugunsten seiner beruflichen Laufbahn etwas einzufrieren. Dieses Talent wurde erst im 21. Jahrhundert wieder aufgetaut.
Die Oldtimer-Veranstaltung Ennstal-Classic gilt ja seit Längerem als die sportlichste Classic-Rallye im Alpenraum. Sie wird in Österreich veranstaltet, und der Start- und Zielort Gröbming im Bundesland Steiermark ist fast nur einen Steinwurf, also rund zwei Fahrstunden, vom Porsche-Familiensitz Schüttgut in Zell am See entfernt. „Ich habe in diesem Jahr zum achten Mal bei der Ennstal-Classic teilgenommen“, erläutert Dr. Porsche den aktuellen Ursprung seiner Classic-Passion. „Die Rallye führt einfach durch wunderschöne Landschaften und passt sehr gut zu Porsche, zu unseren Sportwagen und zur Firma.“ Dies dokumentiert Wolfgang Porsche gerne mit einem präzisen, nichtsdestotrotz lockeren Wettbewerbsgeist: „Mein Beifahrer Dr. Horvath und ich haben diesmal den 73. Platz belegt, unter knapp 300 Teilnehmern.“
Bei ihrer ersten Mille Miglia schaffte die Besatzung Wolfgang Porsche/Ferdinand Porsche auf dem Porsche 356 Speedster ebenfalls eine Platzierung im vorderen Drittel. „Ich bin leider ein schlechter Beifahrer und kann während des Fahrens nicht das Roadbook lesen, deshalb ist mein Sohn Ferdinand bevorzugt die längeren Verbindungsstücke gefahren wie von der Adria über die Berge nach Rom“, gibt Dr. Porsche Hinweise auf die Aufgabenverteilung.
Immerhin blieb Zeit genug, auch die Schwachstellen der inzwischen viertägigen italienischen Helden-Veranstaltung erleben zu können: „Die Mille Miglia ist schon auch eine Stressveranstaltung“, konstatiert Dr. Porsche. „Es geht meist sehr früh los, und man kommt dann auch spät ins Ziel. Wir sind um 1.30 Uhr nachts in Rom angekommen, selbst so spät war noch eine Polizei-Eskorte für eine Rundfahrt durch die Stadt angekündigt.“ Aber wie das Leben so spielt: Exakt um diese späte – oder frühe – Uhrzeit hat die Polizei gestreikt. „Mir ist aufgefallen, dass man zwar ziemlich schnell fährt, aber dann öfter sehr lange in der Schlange der Teilnehmer steht, um auf irgendeine Kontrollzeit zu warten“, analysiert der Aufsichtsratsvorsitzende, um dann abschließend zu erklären: „Eine professionelle Begleitung wie von unserer Museumsmannschaft ist schon toll, wenn wir spät ankommen und sehr früh wieder raus müssen. Man wundert sich aber doch, dass bei diesem Spektakel mit rund 500 Teilnehmern so wenig an Unfällen passiert. Die Mille Miglia ist zwar anstrengend, macht aber Spaß. Ich werde auch im kommenden Jahr wieder mitfahren.“
Fahrten in klassischen Porsche-Modellen sind seit jeher eine Herzensangelegenheit für Dr. Porsche, die er eben nicht nur öffentlich pflegt. Für die Großglockner-Hochalpenstraße über den höchsten Berg Österreichs, der in Sichtweite des Schüttguts liegt, besitzt Wolfgang Porsche einen Sonderausweis, „um mit den Autos aus meiner Sammlung dort jederzeit fahren zu können.“