Der Rebell
Ein unkonventioneller Bursche mit melancholischem Blick und rüden Manieren, der rasant lebte und tragisch starb: Vor 60 Jahren wurde James Dean zum Mythos.
Es sind die schnörkellosen Sportwagen aus Stuttgart, zu denen sich James Dean ganz besonders hingezogen fühlt: Sie sind schnell und schön, emotional und pragmatisch – die unprätentiösen, intensiven
Mit seiner trotzigen, leidenschaftlichen und gleichzeitig verschlossenen Art erinnert er den Regisseur Elia Kazan an John Steinbecks Romanfigur Caleb Trask, der berühmte Autor höchstpersönlich nennt für die „Jenseits von Eden“-Verfilmung James Dean als Idealbesetzung: Er ist ein zerrissener Charakter, schwankt zwischen aggressiver Intensität und kaltem Gleichmut, er ist zynisch und verletzlich zugleich. Dieser nach außen kaum zu verbergende Wesenszug prägt sein Schauspiel, Dean drückt seinen Rollen einen eigenen, schmerzhaften Stempel auf.
Noch ahnen die großen Hollywoodstudios nur, welche Urgewalt hier herandrängt. Man versucht, den jungen Wilden zu domestizieren, aber der begegnet dem braven Mainstream des Filmgeschäfts mit Verweigerung, Skepsis oder sogar Verachtung. Der junge Schauspieler schlägt über die Stränge, er lebt schnell, unverstellt und störrisch. Obwohl man ihm die Ausübung „gefährlicher Sportarten“ verboten hat, steigt Dean in die rührige West-Coast-Rennszene ein, mit seinem
Seine Unruhe und Lebensgier hat tiefgründige Ursachen. Als er neun Jahre alt ist, stirbt seine geliebte Mutter an Krebs, der gefühlskalte Vater findet nie einen Zugang zu dem bis ins Mark erschütterten Jungen, und so wächst Dean im puritanischen Haushalt der Tante auf – unverstanden, alleingelassen, verletzt. Sein Weg ans Licht wird zum Kampf gegen ein erdrückendes Übermaß an teenage angst. Es ist diese Zerbrechlichkeit unter einer hauchdünnen Schicht Coolness, die ihn zum Helden eines jugendlichen Publikums werden lässt. Der unkonventionelle Bursche mit dem melancholischen Blick und den rüden Manieren taugt hervorragend als Projektionsfläche für die Jugend der Fünfzigerjahre, zwischen Weltkrieg und Rock ’n’ Roll.
Als James Dean im September 1955 seinen
Schnurgerade stolpert die California State Route 46 in das weite Tal des Cholame Creek hinunter. Nur wenige Straßenkreuzer wanken wie chromglänzende, bunte Buckel aus Stahl durch das Tal. Und dann ist da dieser kleine, silberfarbene
Dean ist unterwegs zur Rennstrecke von Salinas, auf dem Beifahrersitz des puristischen Spyder kauert sich der deutsche Mechaniker Rolf Wütherich gegen den fauchenden Fahrtwind. Er hat Dean vorgeschlagen, den nur wenige Tage alten 550 Spyder vor seinem ersten Renneinsatz sorgfältig einzufahren: 320 Meilen von Hollywood nach Salinas sind genau die richtige Dosis Straßenstaub und Fahrtwind, um den Mittelmotor-Sportwagen auf ein Racing-Wochenende vorzubereiten. Schließlich hat Dean den Sportwagen erst vor wenigen Tagen gegen seinen 356
Kurz vor 18 Uhr erreicht der 550 Spyder mit der auflackierten Startnummer 130 und dem Kosenamen „Little Bastard“ die verhängnisvolle Abzweigung zum Highway 41 nach Fresno. Dann kommt der Crash. Banal, überflüssig, fatal. Der Rebell mit dem wilden Herzen stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. Farewell, Jimmy! Sein Mythos lebt auch 60 Jahre danach weiter.
Text Till Daun
Fotografien aus dem Buch „James Dean: At Speed“ von Lee Raskin und Tom Morgan