Zurück in die Zukunft
Der
Frühmorgens im Mai 1987 auf der A6 bei Hockenheim. Erster unabhängiger Test: Der Tacho zeigt Tempo 260, die Drehzahl liegt bei 7600/min, Zeit in den Sechsten zu schalten. Kleine Pause, den kurzen Schaltknüppel in die rechte, hintere Ecke drücken, dann zurück in die Schmauchzone – der Boxermotor im Heck beschleunigt unerbittlich weiter. Drei Spuren plus Standstreifen stehen zur Verfügung, aber die Autobahn scheint immer schmaler zu werden, leichte Biegungen krümmen sich zu Kurven, die Platzhirsche der linken Spur trödeln plötzlich alle dahin.
Wir schrauben uns bis auf 7200/min, das macht gestoppte 317 km/h, die Höchstgeschwindigkeit. Der Geräuschpegel hält sich in Grenzen, Lenkkorrekturen sind überflüssig, Störkräfte bleiben aus, kein Ankämpfen gegen Seitenwind oder Spurrillen. Keine feuchten Hände. Das Auto liegt so stabil wie andere bei 160 oder 130. Du hast die Kontrolle, aber die Arbeit macht die Technik. Sie kümmert sich um die Risiken, überwindet mühelos die üblichen Grenzen motorgetriebener Vierräder. „Er kann Dinge, die Autos nicht können“, schreibt ein britischer Kollege treffend. Vom Fahrer erwartet dieser Überflieger nur zweierlei: höchste Konzentration und solides Verantwortungsgefühl.
Der
Zunächst aber wurde der 959 zum „Lernfahrzeug“, wie es Projektleiter Manfred Bantle damals nannte. Technisches Neuland galt es zu betreten, und zwar gleich an allen Fronten. „Da lief dann so manches über unseren ursprünglichen Zeitplan hinaus“, berichtete Bantle. Erschwerend hinzu kam die
Bis dato war das meiste davon Zukunftsmusik, die in den Tiefen des Antriebs sodann zu einem atemberaubenden Crescendo anhob: Dieser
Die Kräfte, die es zu verteilen galt, waren erheblich. Der 959 legte die Latte auf 500 Nm und 331 kW (450 PS), vor 30 Jahren der Gipfel im Feld der Serienautos. Er-zeugt wurden diese Werte von einem Sechszylinder-Boxermotor – so weit, so 911. Dieser hier stammte freilich nach guter
Das Kunststück der zivilen Variante waren folglich weniger die absoluten Werte, sondern deren Herleitung. Sicher, zwei
Dass der 959 auf seine Art die Zukunft vorwegnahm, ahnten wir damals natürlich. Aber heute wissen wir es. Zehn bis 15 Jahre, das war sein Vorsprung innerhalb der
Welches Programm wählen, welche Dämpfereinstellung? „Einfach alles so lassen“, empfiehlt der Ingenieur augenzwinkernd, heute käme es ja nicht so auf das Feintuning an. Außerdem ist alles trocken und griffig. Im Leerlauf rasselt der 959 wie ein Luftgekühlter und fährt zügig ab. Stramme Kupplung, die spät greift, aber akzeptable Lenkkräfte – schließlich war er der erste Heckmotor-
„Er beißt nicht“, hatte es noch vor dem Start geheißen. Wenn so ein Spruch allerdings von Walter Röhrl kommt, dem Lenkradartisten, dann wird man skeptisch. „Gehst du vom Gas“, sagt er, „kommt das Heck, gehst du wieder drauf, wird er sofort wieder stabil.“ Aber genau so ist es dann auch. Im 959 tanzt du nicht auf des Messers Schneide, er wirkt vertrauenerweckend. Sicher, Einlenken können die Nachfahren heute präziser, zackiger. Schneller sind sie auf ihren modernen Reifen auch. Doch eines bleibt, wie es war: So selbstverständlich und vollkommen angstfrei wie hier spielst du selten mit so vielen PS. Auch heute noch.
Text Wolfgang König
Fotografie Christoph Bauer