Der Rest ist Geschichte, möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Bekannt ist, dass Volkswagen Ende 1974 den bereits im Stadium der Produktionsvorbereitung angekommenen und damit komplett fertigen EA 425 vor dem Hintergrund der damals herrschenden Ölkrise gestoppt hatte. Ebenso dokumentiert ist die Tatsache, dass Porsche daraufhin alle Rechte am serienreifen Sportwagen erwarb und ihn Anfang 1976 in den Handel brachte. Kaum bekannt sind indes die Hintergründe, weshalb der 924 – trotz der Verwendung von Volkswagen- und Audi-Teilen – antriebstechnisch und stilistisch so klar und eindeutig von Beginn an zum Porsche werden konnte. Lagaaij: „Dass dieses Projekt zunächst für Volkswagen entwickelt und dann doch sehr erfolgreich zum Porsche wurde, zeigt, wie gelungen der Urentwurf war.“ Warum der Wagen bis heute als Porsche erkennbar ist, erklärt Lagaaij damit, dass er, obwohl es ein VW-Auftrag war, beim Zeichnen immer an einen Porsche gedacht habe. „Der Entwurf für den 924 entstand rein intuitiv. Und natürlich war sein Design eine gewisse Überraschung, da Porsche so etwas bis dahin nicht gemacht hatte.“
Nur wenige Meter entfernt vom Jungdesigner Lagaaij entstand zeitgleich zum 924 der 928. Es gibt Fotos aus dem Designzentrum, die beide Modelle gemeinsam zeigen. Auch beim 928 führte Anatole Lapine Regie, den Urentwurf des Gran Turismo skizzierte Wolfgang Möbius.Betrachtet man beide Modelle, spürt man Synergien. „Das Transaxle-Konzept entstand aus Gründen der Gewichtsverteilung. 50:50 war das Ziel. Und schon die Proportionen zeigen, dass dies erreicht wurde“, sagt Lagaaij. Man muss in die Details zoomen, um die Ähnlichkeit zu verstehen. Beide Modelle haben einen kurzen vorderen Überhang, eine sehr lange Motorhaube und ein langes Dach. Der Überhang am Heck diente dazu, das hinter der Achse angeordnete Getriebe unterzubringen und so das Gewicht perfekt auszubalancieren.
Das Gros der Motorjournalisten sah im Porsche 928 mit seiner mitlenkenden Weissach-Hinterachse den modernsten Sportwagen seiner Zeit. 1978 erhielt er sogar die höchste internationale Auszeichnung European Car of the Year. Die Innovationsträger von damals sind heute begehrte Klassiker. 924, 944, 968 und 928 werden zunehmend als Sammlerstücke interessant.
Als Harm Lagaaij 1989 zu Porsche zurückkehrte, standen vor ihm mit dem 944, 928 und 911 (964) drei Baureihen, die wenig stilistische Gemeinsamkeiten zeigten: „Es gab damals das Bestreben, eine Familienähnlichkeit zu erreichen. Das galt als Erfolgsrezept. Also musste ich den Baureihen diese Erkennbarkeit verleihen.“
Im Jahr 1991 präsentierte Porsche mit dem 968 und dem 928 GTS die ersten Ergebnisse dieser Familienaufstellung. „Wichtig war, das strategische Designkonzept stärker zu prägen“, sagt Lagaaij. 1993 folgte auf diesem Weg die Baureihe 993 – ein 911, der sich klar von seinen Vorgängern abhob und im Frontbereich eine Nähe zum 968 und 928 zeigte. Doch die Ära der Transaxle-Modelle neigte sich schon zwei Jahre später dem Ende zu und Lagaaij hatte sich im Sommer 1995 längst in Richtung Zukunft aufgemacht. „Es galt, ein Design zu entwickeln, das lange Zeit Gültigkeit haben könnte.“ Mit dem ersten Porsche Boxster und der Elfer-Baureihe 996 beantwortete er die Frage nach dem Porsche-Bild der Zukunft.
Text Thomas Fuths
Fotos Rafael Krötz