Staubtrocken
07:04 Uhr
Anfang März. Kapstadt. Die haptische Rückmeldung der Druckschalter in der Mittelkonsole scheint noch nicht perfekt. Und der Lastschlag im Getriebe zwischen dem zweiten und dritten Gang ist den Entwicklern noch entschieden zu hart. Die
09:53 Uhr
Franschhoek. Diese liebliche Weingegend am Fuße der Drakenstein-Berge unweit von Kapstadt. Der
10:47 Uhr
Hermanus. Der Küstenort in der Provinz Westkap ist im südafrikanischen Winter einer der besten Plätze zur Walbeobachtung. Während die ersten Urlauber zum Cliff Walk aufbrechen, stärkt sich das
Am Stopp in Hermanus werden die Autos betankt, die weitere Route akribisch besprochen. Erprobungsleiter Christian Kunkel stellt sicher, dass die Sprechfunkverbindung steht, die Messinstrumente und Datenlogger im Kofferraum hochgefahren sind. Dann starten die Motoren wieder. Seit zwei Wochen jeden Tag die gleiche Routine. Das Programm heute weist 600 Kilometer Landstraße aus. Extreme Fahrprofile liegen in Südafrika dicht beieinander: rauer Asphalt, nicht selten durch Unterspülung plötzlich abgesenkt, Kurven mit progressiven Radien, wechselnde Klimazonen zwischen Atlantik und dem Indischen Ozean.
Passstraßen führen auf mehr als 3000 Meter Gipfelhöhe, knochenharte Schotterpisten durch heiße Wüstenabschnitte – und immer wieder lauern Gefahrenmomente durch streunende Tiere. Südafrika hält Herausforderungen für Autos und Ingenieure bereit, die auf Prüfständen in Weissach zwar simuliert, aber letztlich nur in der Praxis zuverlässig überprüft werden können. „Das reibungslose Zusammenspiel aller Baugruppen kann ausschließlich im Fahrbetrieb abgesichert werden“, komprimiert Dr. Oliver Seifert die Aufgabe der Südafrika-Crew in der typischen Diktion eines Ingenieurs. Seifert ist für das komplexe Entwicklungsfeld Elektrik/Elektronik verantwortlich. Sein Bereich unterliegt immer kürzeren Zyklen – und die Bandbreite der Aufgaben wächst rasant. Allein das neue ACC-System (Adaptive Cruise Control) korrespondiert mit 13 Steuergeräten. Auch beim Material zeigt der
Die Außenmaße der Sportlimousine sind gegenüber dem Vorgänger fast unverändert, doch die neue Karosserie erscheint flacher – ein Kunststück der
13:22 Uhr
Kleine Karoo, eines der schönsten Reiseziele Südafrikas, Halbwüstenlandschaft auf der Hochebene. Der
Siebter und achter Gang sind lang ausgelegt – auch das senkt den Spritverbrauch. Seine Höchstgeschwindigkeit erreicht der
Noch während Döllner von der Präzision der neuen elektrischen Lenkung schwärmt, funkt Kollege Kunkel: „Fahrerwechsel! Zehn Minuten Pause zum Erfahrungsaustausch.“ In der Parkbucht spannen die Ingenieure schwarze Neoprenmatten über Armaturenträger, Mittelkonsole und Türverkleidungen. Das neue, noch streng geheime Interieur soll vor den Kameras möglicher Paparazzi geschützt sein.
Kunkel zieht Döllner zur Seite. Die beiden beraten den wenige Minuten zuvor aufgetretenen Abfall der elektrischen Lenkunterstützung im Stand nach dem Start des V8-Benziners in warmem Zustand. Seifert kommt hinzu: Die Ursache liege im unterschiedlichen Softwarestand der beteiligten Bauteile, lautet seine Expertise. Die Lösung ist bereits bekannt. Ein kurzes Software-Update, und das Problem sei behoben. Kunkel bittet einzusteigen. Die Nachmittagspause lockt. Noch 240 Kilometer bis dorthin.
Nach der Berghatz gleitet der
Wenn der Fahrer vom Gas geht, fällt das Triebwerk sogar ins Standgas. Der
16:08 Uhr
Nachmittagspause. Das Erprobungsteam nutzt die Rast zur Diskussion. Zufrieden mit dem heutigen Tag? Alle lächeln. Wie ist der Wert der zweiwöchigen Erprobungsfahrt einzuschätzen, was bringt es, mit so vielen Kollegen gleichzeitig unterwegs zu sein? Das gemeinsame Erfahren sei ungeheuer produktiv, so der einheitliche Tenor. Während Komponenten getrennt entwickelt werden, perfektioniert man hier vor Ort ihr Zusammenspiel. Vieles geht schneller hier draußen. Manchmal hilft auch die andere Atmosphäre, um offen Fragen anzugehen, Probleme zu betrachten. „Die Wahrheit liegt auf der Straße“, lautet eine schlichte, aber sehr treffende Entwicklerweisheit. Tiefgründigere Fragen werden über Nacht an die Entwickler in Weissach delegiert, Vorschläge aus dem Hauptquartier kommen häufig schon am nächsten Tag zurück. Und es klingt wie aus tiefem Technikerherzen gesprochen: „Papierschlachten im heimischen Büro können eher zu Spannungen führen als das klare Regelwerk einer Abnahmefahrt.“ Eine sympathischere, haptische Rückmeldung der Schalter in der Mittelkonsole, die der Chef am Morgen kritisiert hatte, sei bereits in Arbeit, ist das umgehende Feedback aus Weissach. Inzwischen treiben die Ingenieure ihre
18:29 Uhr
Riversdale, eine Kleinstadt in der Farmergegend zwischen Kapstadt und George. Es geht Richtung Quartier, und der Stallgeruch scheint das Tempo zu treiben. Die Testkarawane darf Geschwindigkeiten fahren, die über dem gesetzlichen Tempolimit liegen. Die Genehmigung dafür liefert ein offizielles Zertifikat, dass Highspeed zu Testzwecken erlaubt, aber verantwortungsvollen Umgang erwartet. Nur noch rund 250 Kilometer bis zur ersehnten Dusche. Als die verdreckte
23:33 Uhr
Das Ende eines langen Tages, einer staubigen Tour, an dem jeder Fahrer mehr als fünf Liter Wasser trinkt. Trotzdem wird der Baureihenleiter noch die Anmerkungen der Crew in Ruhe durchgehen, die Tour des Tages im Kopf nachfahren – immer auf der Suche nach diesem einen Detail, das noch nicht passt.
Text Jürgen Zöllter
Fotos Tim Adler