Schneewalzer mit Walter Röhrl
Und plötzlich ist alles weiß. Das sonst so graue Asphaltband liegt unter einer frisch gefallenen Schneedecke. Für den
Walter Röhrls Antwort ist knapp und eindeutig: „So wie immer“, sagt er und beantwortet damit die Frage, wie man am besten auf schneebedecktem Untergrund fahren sollte. Nur ein feines Lächeln verrät, dass diese Aussage nur für Autofahrer vom Level Röhrls gilt. Dem 69-Jährigen glaubt man sofort, dass es ihn unberührt lässt, ob er auf trockenem Asphalt, staubigen Schotterwegen oder winterlichen Straßen unterwegs ist. Er fährt intuitiv so, wie es gerade am besten ist.
Doch was braucht man tatsächlich an Fähigkeiten, um auf glattem Untergrund nicht die Contenance und vor allem nicht die Haftung zu verlieren? Für alle Nicht-Rallyeweltmeister hat der gebürtige Regensburger einige gute Tipps parat, wie sie ihr Auto sicher durchs Winterwunderland aus Schnee und Eis bewegen. „Noch mehr Gefühl als sonst und volle Konzentration“ seien nötig, betont er. Alle Sensibilität müsse den Botschaften des Wagens gehören. Damit allein sei es aber noch nicht getan: „Der Reibwert der Straße wird bei winterlichen Verhältnissen herabgesetzt – die Haftung nimmt dramatisch ab. Deshalb muss das Tempo runter. Sonst geht es beim Bremsen und in der nächsten Kurve schief.“ Auch wenn der Vierradantrieb wie im
Grundsätzlich sieht Röhrl den Allradantrieb allerdings als großen Vorteil und als Sicherheitsaspekt. „Wenn die Leistung des Motors auf alle vier Räder verteilt ist, bleibt der Wagen beim Gasgeben stabiler in der Spur.“ Wenn also die Kraft des Triebwerks auf alle viere verteilt wird, reduziert dies die Tendenz, dass einzelne Räder während der Beschleunigung die Haftung verlieren und das Auto ausbricht. „Diese Souveränität, mit der beispielsweise ein
Ganz generell hat der leidenschaftliche Skiläufer und Rennradfahrer für solche Situationen einen wichtigen Tipp parat: „Immer möglichst kleine Lenkbewegungen. Bloß keine Hektik.“ Denn alles, was der Fahrer am Steuer mehr macht als unbedingt notwendig, geht am Ende auf Kosten der Zeit und Sicherheit – abgesehen davon, dass Aktivismus am Volant auch die Assistenzsysteme früher zugreifen lässt. „Das bringt alles nur Unruhe ins Auto“, erklärt der bekennende Perfektionist und Verfechter einer minimalistischen Fahrweise, nimmt dabei die Hände vor die Brust und dreht mit jeweils zwei Fingern und dem Daumen ein imaginäres Steuer ganz behutsam nach rechts und links. Er sitzt eben auch dann am Steuer, wenn er nur darüber spricht.
Wer zu schnell auf eine Kurve zufährt, der kann den Wagen kaum noch beherrschen – vor allem auf verschneiten oder vereisten Fahrbahnen. „Wenn ich sage, runter mit dem Tempo, dann nicht, weil der Röhrl ein alter Mann ist“, betont der Regensburger. Die hochmodernen Assistenzsysteme des
Und was sollte man tun, wenn man trotz aller Vorsicht doch einmal zu flott auf eine Kurve zuschießt? Erstens natürlich maximal verzögern und mit voller Wucht aufs Bremspedal treten, damit das Antiblockiersystem so schnell und so effizient wie möglich eingreifen und Tempo abbauen kann – und im Zweifelsfall das ABS auch beim Einlenken in die Kurve wirken lassen, auch wenn der Lenkeinschlag unter Umständen größer ausfallen muss.
Als Rallyeprofi hat Röhrl natürlich einen anderen Ansatz, der auf verschneiten Straßen aber gute Nerven und intensives Training verlangt: „Wenn nichts mehr hilft, kurz vor der Kurve runter von der Bremse und gefühlvoll einlenken – aber nicht zu viel. Dann warten, bis das Auto folgt, und gegebenenfalls den Lenkeinschlag wieder etwas zurücknehmen, um einem Übersteuern vorzubeugen – unter Umständen kann der Wagen dann doch noch auf der Straße gehalten werden.“ Unabhängig von den Fahrfähigkeiten gilt für alle Winterpiloten dasselbe: Winterreifen sind Pflicht. „Alle Lenk- und Fahrmanöver funktionieren nur, wenn die Räder ausreichend Grip haben. Das entsprechende Profil und die Gummimischung für kalte Temperaturen sind da die Grundvoraussetzung“, so der zweifache Weltmeister. Um die Performance des Wagens – unabhängig von Front-, Heck- oder Allradantrieb – auf die Straße zu bringen und beim Bremsen ein Höchstmaß an Verzögerung zu erreichen, braucht auch ein Profi wie Röhrl unbedingt Winterpneus.
„Niemand sollte denken, mit Allradantrieb und Sommerreifen sei man im Winter sicher unterwegs.“ Für Röhrl ein Trugschluss, der schlimme Folgen haben kann, da Sommerpneus auf schneebedecktem Untergrund im Durchschnitt nur etwa ein Zehntel der Kraft auf die Straße bekommen – verglichen mit trockenem Asphalt. Das heißt vor allem: Sie können auch nur zehn Prozent der Bremskraft übertragen.
Um das Leistungspotenzial ist es beim
Text Wolfgang Schäffer
Fotos Stefan Bogner und Anatol Kotte
Wussten Sie schon, dass …
… frischer Schnee bis zu 50 Kilogramm pro Kubikmeter wiegen kann?
… eine Schneeflocke grundsätzlich wie ein Sechseck aussieht?
… Schnee mit einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde auf die Erde fällt?
… Schneeflocken zu 95 Prozent aus Luft bestehen?
… die bisher vermutlich größte gesichtete Schneeflocke einen Durchmesser von 38 Zentimetern hatte? (Gefunden in Montana, USA, 1987)
… Winterreifen den Bremsweg auf Schnee (im Vergleich zu Sommerreifen) bei 50 km/h von 60 auf 30 Meter halbieren?
… der bisher kälteste Wintertag aller Zeiten 1983 mit −89,2 °C in Wostok in der Ostantarktis gemessen wurde?
… der Atem ab −80,0 °C gefriert und in Eisstückchen zu Boden fällt?
… Frauenzehen weniger gut durchblutet werden als die von Männern?
… die Haut bei extremer Kälte kein Fett mehr produzieren kann?