Ende gut, alles gut
Einen
Als Kind musste ich oft Kartoffeln schälen. Dabei sind immer Erdreste hängen geblieben. Egal wie sehr ich mich bemühte, die Kartoffeln blieben schmutzig. Sobald ich sie aber ins Wasser legte, waren sie sauber, verwandelten sich in Skulpturen, lagen vertraut in meiner Hand. Das habe ich nie vergessen. Als ich Jahrzehnte später ein Handy gestaltete, stellte ich mir vor, dass die Nutzer es häufig in der Hosentasche abtasten werden. Dabei erinnerte ich mich an mein Kartoffelerlebnis und zeichnete bewusst keine aerodynamischen Linien. Denn jede Hand sucht unwillkürlich Kanten, will Texturen fühlen, mit ihnen spielen oder sich an ihnen orientieren. Bei einem Auto ist es nicht anders, selbst wenn wir Linien und Kanten nicht ständig mit den Händen, sondern mit den Augen berühren. Das ist unser Spiel mit deren Schönheit.
Die Welt des
Harmonie im Gesamtbild
Früher war ein Interface gleichbedeutend mit Software und Bildschirm. Heute ist jedes erfolgreiche Produkt ein Interface – ein Scharnier zwischen Mensch und Umwelt. Wie es ein Auto mit seiner klaren Bestimmung schon lange ist. Nur durch ständige Beobachtung im Alltag komme ich zum richtigen Ergebnis, kann Formen finden, die Teil dessen sind, was uns verbindet: Kultur, Gewohnheiten, Erinnerungen, Geschichte. Dabei suche ich nach skurrilen Zufallsmomenten aus dem urbanen Leben. Sie erlauben mir den Einblick in das Verhalten der Menschen. Und daraus entwickle ich Produkte. Hat jemand keinen Türstopper zur Hand, nimmt er einen Gummistiefel. Die perfekte, spontane Lösung: Die Tür ist nicht zu weit geöffnet und das Gummi schont das Holz. Warum also nicht einen Stiefeltürstopper kreieren? Eine Frau mit einer Einkaufstasche steht an einer Straßenkreuzung. Der Regen hat aufgehört, die Frau stützt sich auf den Regenschirm und hängt die Tasche über den Griff, wo sie aber abrutscht. Daraus entstand die Idee zu einem Schirm mit Kerbe im Griff. Unbewusst tragen die Menschen im Alltag Lösungen bereits mit sich herum. Deshalb sagen sie häufig zu mir: Ihr
Ich habe einmal beobachtet, wie ein Mädchen entspannt auf einem umgefallenen Baumstamm saß und las. Ich dachte: Wow! Wenn sich dieses Mädchen auf einem Baumstamm so wohlfühlt, sollte ich eine Bank entwerfen, die wie ein Baumstamm aussieht. Tatsächlich wurde dieses Möbelstück erfolgreich – doch nicht so erfolgreich wie mein CD-Player für die Firma Muji. Er hängt wie ein Ventilator an der Wand. Um ihn einzuschalten, muss man an einer Schnur ziehen. Die CD dreht sich wie ein Rotorblatt – nur produziert das Gerät keinen Wind, sondern Musik. Ein perfektes Interface. Das
Steht man zu lange zu nah vor einem Objekt, übersieht man die Zusammenhänge und kann nicht zu einer praktischen Lösung kommen. Ich bin kein Produktdesigner, der am Tisch zu zeichnen beginnt, mit Formen, Flächen und Farben spielt und auf diese Weise versucht, das bestmögliche Produkt zu schaffen – isoliert von der Außenwelt und ohne Zusammenhänge zu sehen. Wer so arbeitet, ist weltfremd. Man stelle sich ein Puzzle vor: Hundert Einzelteile repräsentieren das Umfeld eines Produkts. Das letzte Teil fehlt noch, das Produkt selbst. Studiert man alle Puzzleteilchen, findet sich bestimmt eine Form, die perfekt zu den anderen passt. Wenn man aber alle anderen ignoriert, während man das letzte Fragment zeichnet, wie kann es dann ins Gesamtbild passen? Die Harmonie wäre zerstört. So ähnlich ist es auch bei einem Sportwagen: Seine Bestimmung ist die Beschleunigung, entsprechend umspielen alle Linien seine Form und münden im Heck. Bei einem
Naoto Fukasawa
Naoto Fukasawa (61) zählt zu den gefragtesten Industrie- und Produktdesignern der Welt. Ob Toaster, Kühlschrank, Lampe, Handy oder Klappstuhl – es gibt kaum einen Alltagsgegenstand, den der Japaner nicht gestalterisch neu interpretiert hätte. „Menschen wollen Dinge abtasten“, sagt er. „Mit Händen und Augen, ständig.“
Diese Einsicht ist Ausgangspunkt all seiner Entwürfe und hat ihm mehr als 50 Auszeichnungen beschert. Dabei sieht er sich weniger als Künstler, der Gegenstände formt, sondern vielmehr als Interface-
Als Dialogbeitrag zum Blick von Industriedesigner Naoto Fukasawa – einem der prägenden Köpfe des japanischen Produktdesigns – auf das
Klarheit
Der
Reduktion
Motorsport auf seine eindeutige Form reduziert: Im
Ästhetik
Ein kompakter SUV; ein Sportwagen. Der
Dynamik
Dynamik und Effizienz, Performance und Komfort – im
Inspiration
Bei seinem Erscheinen war der
Ein weiteres
Michael Mauer
Der heute 54-jährige Leiter Style
Text Naoto Fukasawa
Fotos Markus Bolsinger