Advantage Austin
Sie hat schon früh Gas gegeben: Tracy Austin galt als Tennis-Wunderkind. Mit 15 Jahren gewann sie den ersten
Es gibt Momente, in denen auch Tracy Austin über die Stränge schlägt – des puren Spaßes wegen. Auf einem kurvenreichen Drive in den Hügeln von Palos Verdes südlich von Los Angeles tritt sie aufs Gas, um ihren
Tracy Austin hat sich sehr jung in Höhen hinaufgekämpft, aus denen der Blick auf die Welt atemberaubend sein muss. Die heute 54-Jährige war ein Tennis-Wunderkind. Mit 14 qualifizierte sie sich als bis dahin jüngste Spielerin für die US Open in New York. Mit 15 gewann sie 1978 beim allerersten
In eine Tennis-Kindheit hineingeboren
Heute fährt Tracy Austin einen 911 GT3 RS. Der
Die Amerikanerin wurde als jüngstes von fünf Kindern in eine Tennis-Kindheit quasi hineingeboren. Ihre Mutter arbeitete in einem Tennisclub unweit von Austins heutigem Domizil. Alle Austin-Kinder spielten Tennis, auch Tracy schwang den Schläger, kaum dass sie ihrem Dreirad entwachsen war. „Ich habe stundenlang Bälle gegen die Wand geschlagen und mich gefreut, wenn ich zehn Mal hintereinander traf“, erzählt sie. Irgendwann fiel dem Club-Manager ihre Spielfreude auf. Er versprach Tracy kleine Trophäen für eine bestimmte Trefferquote – und weckte damit ihren Ehrgeiz.
Dass dieser Ehrgeiz aus ihr selbst kam, unterscheidet sie von manchen Tennisstars, die von ihren ambitionierten Eltern angetrieben wurden oder werden. Ihr Vater, ein Wissenschaftler, sei von ihren Erfolgen nicht übermäßig beeindruckt gewesen, so Austin. „Als ich ihn einmal fragte, ob er mir bei einem Spiel gegen Steffi Graf zuschauen werde, verneinte er mit dem Hinweis auf eine Computerfortbildung.“ Austin nahm es ihm nicht übel, im Gegenteil: Dass die Eltern ihre Liebe und ihren Respekt für ihre Tochter nicht nach deren Triumphen bemaßen, habe ihr den Druck genommen und ihr geholfen, nicht abzuheben.
Grand-Slam-Siegerin auf dem Schulhof
Den Ball flach zu halten – das war für die Schülerin Tracy Austin eine ebenso große Herausforderung wie für den Tennisprofi Tracy Austin. „Ich war die Erste, die in so jungen Jahren so viel Erfolg hatte. Es gab keine Vorbilder. Ich war auf mich allein gestellt, wenn es darum ging, die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ So beschloss sie zum Beispiel, trotz ihrer Blitzkarriere im Tennis ihren Schulabschluss durchzuziehen. Zwei Tage nach ihrem Triumph in New York stand die US-Open-Siegerin deshalb wieder im Pausenhof ihrer High School, als sei nichts geschehen. Andere Grand-Slam-Turniere sagte sie ab, weil sie mit Prüfungsterminen kollidierten. Der Wunsch, allen Erwartungen gerecht zu werden, passt zum Bild einer Athletin, die sich von ihren Eltern vor allem deren Tüchtigkeit abgeschaut hat, wie sie sagt. Zu den Turnieren rund um den Globus wurde Austin von ihrer Mutter begleitet. Sie war ein sanfter Coach, so die Tochter. „Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mich auch nur ein einziges Mal während eines Spiels kritisiert hat.“ Auch beim ersten
Die besondere Atmosphäre mag auch einer der Gründe sein, warum dieses Turnier – das seit 2006 in der
Viel Kampfgeist abverlangt
Seit ihrem Rückzug aus dem aktiven Sport arbeitet Austin als Fernsehkommentatorin für die BBC und den US-amerikanischen Tennis Channel. Ihre Expertise wird geschätzt – auch von ihrem 18-jährigen Sohn Brandon, der seinerseits eine Profikarriere anstrebt. Bei den US Open 2015 spielten Mutter und Sohn auf demselben Court, allerdings nacheinander: Nachdem Brandon sein Junioren-Match absolviert hatte, trat Tracy Austin im Rahmen der Women Legends-Konkurrenz gegen ihre einstige Rivalin Martina Navrátilová an. „Ich war wegen Brandons Match aber so aufgeregt, dass ich mich kaum auf mein eigenes konzentrieren konnte“, erzählt Austin, die als Aktive für ihre Konzentration, ihren Fokus bekannt war.
Konstruktiv und positiv zu denken – das ist etwas, das Austin aus dem Profitennis mitgenommen hat. „Der Schmerz nach einer Niederlage ist größer als die Freude über einen Sieg. Und er hält auch länger an“, erklärt sie. Die Kunst bestehe darin, aus Rückschlägen neue Impulse zu gewinnen und an seinen Schwächen zu arbeiten. Viele ihrer Eigenschaften verdanke sie dem Sport: ihren Antrieb. Ihre Disziplin. Die Fähigkeit, mit Frustrationen umzugehen. Vielleicht sogar die, eine gute Mutter zu sein. Aufgeben sei keine Option. „Man muss sich selbst vertrauen und darf sich nicht entmutigen lassen.“ Austin weiß, wovon sie spricht, denn zeitweise verlangte das Leben ihr sehr viel Kampfgeist ab. Mit Anfang 20 wurde sie von heftigen Rückenschmerzen geplagt, Therapien halfen wenig. Sie büßte ihre Beweglichkeit ein, ihre Erfolgsserie riss ab. 1983 zog sich Austin aus dem Sport zurück. 1989 überlebte sie nur knapp einen Unfall, als ein anderer Fahrer mit 100 km/h in ihr Auto raste. Austins rechtes Knie wurde zerschmettert und musste mit Nägeln fixiert werden, die Zwangspause dauerte ein Jahr. 1994 zog sich die Kalifornierin, die kurz zuvor in die Tennis Hall of Fame aufgenommen worden war, nach vergeblichen Comeback-Anläufen endgültig aus dem Tenniszirkus zurück.
In ihrem Wohnzimmer krempelt Tracy Austin ihr Hosenbein hoch und zeigt eine lange feine Narbe, die sich über das Knie zieht. „Wenn man sein Leben lang jeden Morgen mit einem Ziel vor Augen aufsteht, ist es sehr schwer, dieses Ziel aufzugeben“, sagt sie. „Die Tage ohne Tennis kamen mir leer vor.“ Doch Austin hat gelernt, Schmetterbälle so zu retournieren, dass sie im Spiel bleiben. „Es ist schon merkwürdig: Der Unfall hat mehr verändert als alles andere. Er hat mich gelehrt, das Leben wirklich zu schätzen – und auch die Freuden, die es jenseits des Tennis bereithält.“ Wie zum Beispiel das Vergnügen einer kleinen Spritztour in den Hügeln von Palos Verdes.
Text Barbara Esser
Fotos Serge Hoeltschi
Porsche Tennis Grand Prix
Der