Generalprobe
Wenn sich der Vorhang für einen
Andreas Schmidt hat schon viel gesehen, vieles erlebt. Aber wie „aus Ideen und Zeichnungen der
Der erste Impuls ist Schmunzeln. Der zweite Stirnrunzeln. Nur noch bauen? Wenn das so einfach wäre, gäbe es das neue Qualitätszentrum natürlich nicht. Schmidt war es, der die erste Skizze für diesen Komplex mit Kugelschreiber auf ein Blatt Papier zeichnete. Das war im April 2014. 13 Monate später wurde der 6.000 Quadratmeter große Neubau eröffnet. Sein Kernstück ist die Pilothalle – Fijaks Reich. Der 40-Jährige ist Vater zweier Kinder und baut leidenschaftlich gern funkferngesteuerte Modelle. Wahrscheinlich ist der findige Tüftler auch deshalb genau der Richtige für den Job, dessen Beschreibung er in wenige präzise Worte fasst: „Jeder neue
210 Arbeitstakte sind notwendig, um einen
Fijak gehört zu den ersten
„Es kann schon mal vorkommen, dass in der CAD-Phase etwas übersehen wird“, meint Fijak. CAD steht für „computer-aided design“: Was früher Zeichner am Reißbrett erledigten, kann der Ingenieur heute im Rechner als 3D-Modell erzeugen. Sollte ein Detail des CAD-Modells nicht passen, dann sei das nicht gravierend, so Fijak weiter: „Es bleibt genügend Zeit für eine optimale Lösung.“ Vier Jahre dauert es in der Regel von der ersten Konstruktionsskizze bis zum Produktionsstart. Etwa eineinhalb Jahre vor dem Serienanlauf kommt die Pilothalle ins Spiel.
Muss ein Bauteil wirklich von Grund auf neu konstruiert werden, dauert es höchstens sechs Monate, bis das revidierte Teil in Serienqualität vorliegt. Jetzt, in der letzten Phase vor dem Produktionsstart, geht es eher darum, Ausstattungsvarianten zu testen sowie Zulieferteile auf genaue Einhaltung aller Maße zu prüfen. Und immer wieder ihren Einbau zu simulieren. Nicht, dass sich später ein Kunststoffclip als zu schwach erweist und bricht. Oder ein Gewinde schief sitzt. „Das sind aber Kleinigkeiten“, beschwichtigt Fijak. Die Fehler aus der CAD-Phase müssen dagegen schnell abgestellt werden. „Da kann es einem Konstrukteur schon mal entgangen sein, dass ein Bauteil, das er am Rechner entworfen hat, in dem Arbeitstakt, in dem es eingebaut werden soll, mit einem anderen Teil kollidiert.“ Dann müssen Fijak und sein Team entscheiden: Kann die Komponente früher als vorgesehen eingebaut werden? Genügt es eventuell, einen Befestigungspunkt zu verlegen? Oder muss eine ganz neue Konstruktion her?
Die Lösung ist dank kurzer Drähte zwischen Sachsen und Schwaben meist schnell gefunden. Wichtiges Hilfsmittel: ein 3D-Drucker, der sowohl Metall- als auch Kunststoffteile etwa bis zur Größe eines Basketballs produzieren kann. „Das reicht in der Regel. Wenn es noch größer wird, weil zum Beispiel das Muster eines Getriebes gebraucht wird, erledigt das ein Dienstleister für uns“, erklärt Fijak. Notwendige Änderungen an einem Bauteil werden mittels Großbildschirm in der Pilothalle mit den Konstrukteuren in Stuttgart besprochen. Dann wird zum Beispiel ein Befestigungspunkt um ein oder zwei Millimeter verlegt, das veränderte Bauteil neu gedruckt, der Einbau ausprobiert und im Idealfall abgesegnet.
Probelauf in der Montagelinie
„Wichtig ist, dass jeder Arbeitstakt – auch jeder automatisierte – reibungslos und effizient abläuft“, betont Fijak und pocht bei dem Wort „effizient“ mit dem Zeigefinger drei Mal auf das gelb lackierte Blech einer Crashtest-Karosserie, die gerade die Montagestrecke durchläuft. „Kollege Roboter“ hilft in der Pilothalle nicht mit. Doch auch für ihn werden die Bewegungsabläufe festgelegt. Er erhält genügend Spielraum bei der Montage. Denn die Spezialisten wissen, wie dick und zugleich gelenkig seine Arme sind, und helfen bei der Programmierung. Außerdem legen sie fest, wie die Hilfsrahmen für die Handlinggeräte aussehen müssen. Das sind kleine flexible Kräne, die zum Beispiel das Armaturenbrett ins Fahrzeug heben. Und schließlich kümmert sich das Team der Pilothalle um die Ergonomie in der Produktion: In welcher Höhe und mit welchem Abstand müssen die Regale neben den Montagebändern stehen? Wie hoch muss die Karosserie über dem Boden schweben, wenn Motor und Getriebe installiert werden?
Wenn Fijak und seine Mannschaft einen bestimmten Abschnitt der Produktion abgehandelt haben, schleusen sie den neuen Sportwagen probehalber in die reguläre Montagelinie ein und lassen ihn ein Stück mitrollen. „Das ist einer der Vorteile unserer flexiblen Fertigung“, sagt Fijak. Normalerweise klappt in dieser Phase bereits alles, und irgendwann fährt das Modell über die volle Distanz der Linie mit. Dann schulen die Spezialisten der Pilothalle noch die Mitarbeiter an der Montagelinie, ehe sie sich dem nächsten kommenden
Text Thorsten Elbrigmann
Fotos Rafael Krötz