Herbert von Karajan
Einer der bekanntesten
Zum ersten Mal seit fast vierzig Jahren biegt er ein in das weite Rund des Hotels Friesacher in der österreichischen Gemeinde Anif und steht dann genau dort, wo ihn einst Herbert von Karajan für gewöhnlich abgestellt hat. Und zwar immer dann, wenn er auf dem Heimweg nach der Probe sein Stammlokal ansteuerte, um sich unter dem Herrgottswinkel des Hotels eine Kalbskopfsülze zu gönnen. Der 1975 ausgelieferte
Dass Strehle den
Herbert von Karajan umwehte stets ein Hauch des Überirdischen. Ein Mann von zierlicher Statur mit der Aura eines Giganten, der seine stechend blauen Augen beim Dirigieren konzentriert geschlossen hielt, weil er sämtliche Partituren seines immensen Repertoires auswendig kannte. Er war Musiker, Intendant, Produzent, Regisseur, Baumeister und ein Visionär des Marketings. Ein Renaissancemensch. Ein Genie: bewundert, aber auch gefürchtet. Er kümmerte sich mit unerschöpflicher Energie um jedes noch so kleine Detail, was zuweilen in bizarren Inszenierungen seines Orchesters gipfelte. Strehle erinnert sich an Filmaufnahmen mit den Berliner Philharmonikern, bei denen die Musik per Playback eingespielt wurde, damit sich die Musiker darauf konzentrieren konnten, die Instrumente und Bögen haargenau parallel zueinander zu halten. Wie oft dies wiederholt werden musste, bis der Chef mit dem Ergebnis zufrieden war, ist Legende.
Katalog von Sonderwünschen
Mit derselben akribischen Autorität, mit der der Nibelungen-Meister seine Klangfantasien umsetzte, ließ er auch seine Fahrzeuge gestalten. Als er 1974 eine Sonderanfertigung des neuen Typ 930 bei der
Karajan, zeitlebens ein Vordenker, nahm mit den Berliner Philharmonikern so viele Platten auf, dass er bereits in den Siebzigerjahren ganz unbescheiden von der Unsterblichkeit seines Werkes zu träumen begann. „Für ihn gab es stets nur eine Richtung: vorwärts“, erinnert sich Strehle. „Er ruhte nie, lernte sein ganzes Leben lang und entwickelte sich und uns immer weiter, auch geschäftlich.“ Der ausgeprägte Vorwärtsdrang des Klangästheten äußerte sich bekanntermaßen nicht nur auf der Bühne, sondern auch in der Freizeit. Seine Vorliebe galt der Marke aus Zuffenhausen. Über die Jahre fuhr er einen
Strehle steigt in einen der schmalen, lederbezogenen Schalensitze, die auf die Figur des 1,73 Meter großen Karajan schließen lassen. Er dreht vorsichtig den Zündschlüssel und lauscht andächtig. Im Heck räuspert sich der
Wie zum Trost für den Sportwagen lenkt Strehle ihn nun dorthin, wo er früher auf seine Kosten kam: auf die Bergstraßen der Alpen. Die Panoramastraße hinauf zum Roßfeld war Karajans Lieblingsstrecke. Gewöhnlich stand der disziplinierte Maestro morgens vor sechs Uhr auf, um Partituren zu studieren und Yoga zu machen – manchmal jedoch auch, um mit der ersten Morgensonne hinauf in die Berge zu fahren. Auf der fast 16 Kilometer langen Panoramarundstrecke ist es Zeit, den Karajan-
Unvergessener Antreiber
Was bleibt von Herbert von Karajan, dem Mann, der das Klangempfinden einer ganzen Generation von Musikern und Musikliebhabern prägte? Manchmal lauscht Wilfried Strehle alten Aufnahmen, zum Beispiel der Vertonung von Puccinis La Bohème von 1972: „Man hört noch immer diese unglaubliche Leidenschaft, diese Schubkraft, die vielleicht – im übertragenen Sinne – seine Faszination für
Text Lena Siep
Fotos Patrick Gosling, Siegfried Lauterwasser/Karajan-Archiv