Werkstoffe der Zukunft
Es ist schöner, Ideen zu verwirklichen, als nur davon zu träumen. Die Entwickler von
Auf den ersten Blick ist die Innovation nicht ersichtlich: Philipp Kellner hat ein gepresstes Stahlblechteil auf den Tisch gelegt. Es wird später einmal unten am Fahrzeugschweller ansetzen, die Türscharniere aufnehmen und weiter oben die Frontscheibe seitlich umfassen, erklärt der
Das unsichtbare Rückgrat
Schwarzer Kunststoff mit rautenförmigen Verstrebungen umgibt das hochfeste Metall und stützt es von innen. „Was man hier nicht sieht: Zwischen dem flüssig eingebrachten kurzglasfaserverstärkten Kunststoff und dem Metall sind noch zwei Schichten thermoplastischer Glasfasergewebeplatten. Wir nennen das Organoblech“, führt Kellner aus. Alles zusammen ergibt die 3D-Hybrid-A-Säule – eine neuartige, von
Die Grundlage dieser Forschung kann jeder Fahrer des 918 Spyder und des aktuellen
In Fragen der Werkstoffauswahl und möglicher Fertigungsverfahren werden die Entwicklungsexperten von den Mitarbeitern der Abteilung Werkstofftechnik unter Leitung von Stephan Schmitt unterstützt. Bei diesem Streben ist der Blick über den Tellerrand Voraussetzung. Ein Beispiel: Die meisten Smartphones setzen auf sogenanntes Gorilla-Glas, ein hochstabiles Dünnschichtglas mit perfekten optischen Eigenschaften. „Beim 918 Spyder mit Weissach-Paket haben wir zum ersten Mal eine kleine Scheibe aus ähnlichem Material eingebaut, also eine Verbundglasscheibe, die aus zwei Lagen Dünnschichtglas mit einer Folie dazwischen besteht.“ Markus Schulzki aus der Abteilung Aufbau Vorentwicklung hält eine etwa 20 mal 20 Zentimeter große Scheibe in der Hand, die Heckscheibe zwischen den Bügeln hinter den Sitzen des sportlichsten 918. Sie ist überraschend leicht. Wenn man daran tippt, klingt es nach Kunststoff. „Das denkt jeder“, sagt Schulzki. „Aber es ist Glas. Das hier war eine Fingerübung. Jetzt sind wir viel weiter.“ Beim aktuellen
Gläserne Revolution im Innenraum
Mit dem Smartphone hat die Kommunikationstechnik der Automobilindustrie einen Werkstoff geliefert, der auch zum Träger von Informationen im Fahrzeug werden kann. Neben Exterieurkomponenten werden bei Mathias Fröschle auch Interieurlösungen entwickelt. Seine Vision: „Eine Mittelkonsole, deren geschwungene Oberfläche komplett aus Dünnschichtglas gefertigt ist. Dank der Folien entstehen Displays und Bedienelemente ganz so, wie sie Fahrer und Beifahrer benötigen. Per Gestensteuerung aktiviert man das Menü, per haptischer Rückmeldung über Kontakte im Glas erhält man die Bestätigung, dass ein Befehl ausgeführt wurde."
Hendrik Sebastian und seine Kollegen können sich noch weitere Einsatzmöglichkeiten vorstellen: „Ganz neue Formen, Scheiben und Displays mit Augmented-Reality-Darstellungen. Die Passagiere sehen eine alte Ritterburg durch das Fenster, tippen auf die Glasfläche, eine seitliche Kamera erfasst die Burg, gleicht das Bild mit Informationen aus dem Internet ab und liefert diese in Echtzeit auf der Scheibe neben der realen Burg.“ Die Folie zwischen den Glasschichten fungiert als Bildschirm. Kein Hirngespinst, sondern Stand der Forschung. Auch eine stufenlose Abdunkelung je nach Sonneneinstrahlung oder Wunsch der Passagiere ist möglich.
Porsche aus Pflanzenfasern
Daneben forscht
Damit meint er das, was man landläufig als 3D-Druck bezeichnet, das Spezialgebiet von Falk Heilfort und Frank Ickinger aus der Antriebsvorentwicklung, die einen zylindrischen Körper präsentieren. Es ist die Rotorwelle eines Elektromotors, die das elektromagnetisch generierte Drehmoment an das Getriebe übergibt – sozusagen die Kurbelwelle einer E-Maschine. „Diese Rotorwelle besteht aus einem speziellen Edelstahl“, erklärt Heilfort. Neben der Welle steht ein kleines Glasröhrchen mit einem grauen, hochfeinen Pulver: der mikroskopisch feine Grundstoff des massiven Bauteils. Dieses Pulver wird in einem Reinraum fein auf einer Fläche verteilt, mit einem Laser punktgenau zu einer festen Verbindung verschmolzen, danach eine nächste Schicht Pulver darübergezogen und wieder verschmolzen. Schicht für Schicht. So „wächst“ eine rund 50 Zentimeter lange Rotorwelle aus dem Pulver. Der Vorteil gegenüber einem klassisch gefrästen und gedrehten Teil: viel weniger Materialeinsatz, unmittelbare Wiederverwendbarkeit des überschüssigen Pulvers, komplexere Formen. So hat die Rotorwelle eine feine Verrippung im Inneren, die mehr Stabilität gibt.
Auf einer Drehbank wären solche Formen nicht herstellbar. Man müsste einen Teil der Welle erst gießen und später verschweißen, um dasselbe Ergebnis zu erhalten. „Das hier ist ein Teil – viel stabiler, viel leichter bei höherer Steifigkeit und viel besserem Kraftschluss“, zählt Ickinger die Vorteile auf. Der Nachteil bisher: „Noch dauert es rund 13 Stunden, um eine solche Welle auszudrucken.“ Deshalb ist eine Serienfertigung noch nicht geplant. Dennoch wird diese Technologie den Antrieb revolutionieren. Hendrik Sebastian ergänzt: „Die additive Fertigung revolutioniert unsere Art und Weise, Bauteile zu entwickeln. Wir können viel schneller optimieren und erproben und zusätzlich die Performance signifikant erhöhen. Das ist eine einzigartige Produkt- und Prozessinnovation, deren Potenziale noch lange nicht ausgeschöpft sind. Es müssen zwar noch viele Herausforderungen gemeistert werden – aber wir wären nicht
Kein nachwachsender
Text Thorsten Elbrigmann
Fotos Rafael Krötz