Der Mann für den Mythos
August Achleitner ist eins mit sich. Und mit dem, was ihn bewegt. Wenn er die 35 Kilometer zwischen Zuffenhausen und dem
Der neue Elfer ist sein dritter 911. „Leiter der Baureihen 718 und 911“ heißt seine Stellenbeschreibung, was der Sinnlichkeit der Aufgabe nicht annähernd gerecht wird. „Hüter des Grals“ nennen sie ihn fast ehrfürchtig, den Bewahrer einer Ikone, Teil eines großen Teams, aber doch irgendwie Kult, der – in der Harmonie des Ganzen – immer weiß, woher er kommt und wohin er will. Entscheidend ist für ihn, „dass der 911 ein Fahrgefühl bietet, das kein anderes Auto vermitteln kann“. Aber wie fühlt sich einer, der einen Mythos zu verantworten hat, der einen Job hat, um den ihn jedes Kind beneidet, der jedes Mal an einer Statue bildhauert? Wie schafft man es, dabei nicht an seiner Kunst zugrunde zu gehen, wie so mancher Komponist oder Dichter am eigenen Werk?
Wenn er den 911 auf der Straße lenkt, tut er dies ohne Untermalung. Musik stört ihn, er achtet penibel auf andere Klänge: „Um ein Auto zu verstehen, muss man es hören“, sagt er. Diese Konzentriertheit im Handeln prägt auch seine Arbeit im Büro in Weissach: „Ich bin zu sehr Ingenieur.“ Gedankenpause. „Aber auch nicht so rational, dass ich nicht zur Begeisterung fähig wäre.“
Und schon erzählt er, wie so viele
Man muss sich in jenes Jahr zurückversetzen, um die Magie dieses Tages zu verstehen. Der junge Ingenieur Achleitner ist seit seiner Kindheit mit hochwertigen Autos vertraut. Sein Vater, Hauptabteilungsleiter bei BMW, dort zuständig für Fahrzeugkonzepte, kommt häufig mit neuen Modellen der eigenen Marke oder mit Fahrzeugen anderer Hersteller nach Hause. Die Naherfahrungen prägen den Sohn, auch sein Verhältnis zu
Doch damals, als Achleitner bei
Dabei sollte das Beste noch kommen. Wenn Achleitner heute danach gefragt wird, wann die aufregendsten
Auch im Privaten befasst er sich immer häufiger mit beruflichen Aufgaben: „Den Radstand des 996 haben wir Sonntagnachmittag beim gemeinsamen Kaffee festgelegt“, sagt er. „Acht Zentimeter plus.“ Beim Typ 997 lernt der neue 911-Chef erstmals den gesamten Zyklus der Entwicklung kennen: „Du agierst mehr oder weniger vier Jahre im Verborgenen, geheim, vertraulich. Und dann gehst du an die Öffentlichkeit und bekommst das Feedback für fast ein halbes Jahrzehnt Arbeit auf einen Schlag.“ Er spürt „enorme Spannung“, denn „manche Entscheidungen kommen aus dem Bauch“. Umso mehr freut er sich über begeisterte Kunden und eine gute Medienresonanz.
Dabei ist Achleitner Treiber und Getriebener zugleich. Denn Ingenieure sind immer eine Evolutionsstufe voraus. Und manchmal auch eine Fahrstufe: Der neue 911 verfügt erstmals über ein
Der Rationalist ist sensibel und voller Gespür. Er „fühlt“ seine Sportwagen, auf der Nordschleife des Nürburgrings oder eben auf seiner Lieblingsstrecke nach Tirol. Hinter dem Lenkrad eines Elfers ist das Business, auf dem Motorrad herrscht die Passion. Heute ist er überzeugt: Motorradfahren macht bessere Autofahrer. „Auf dem Motorrad muss man seine Umgebung viel stärker im Auge behalten. Man ist sensibler für Gefahrensituationen, hat ein größeres Gesamtbild von der Verkehrslage und wird aufmerksamer für das, was das Fahrzeug unter einem macht und wie es reagiert.“
Der fünffache Motorradweltmeister Toni Mang ist deshalb Achleitners Held der Jugend. Und natürlich: Walter Röhrl, „eine eigene Dimension“. Längst ist ihm das Idol zum Freund geworden. „Ich finde ihn super, weil er authentisch und ehrlich ist. Manchmal auch etwas unbequem, aber er sagt die Dinge so, wie sie für ihn sind. Ich glaube, da bin ich nicht viel anders.“
Es gibt so vieles, was Achleitner mit Röhrl verbindet: „Das geht über das Thema Auto deutlich hinaus. Walter ist begeisterter Sportler, Mountainbiker, Skifahrer, Frühaufsteher und einer, der nicht bis um zwei in der Nacht herumhängt. Ich bin genauso, mir ist der nächste Tag zu wichtig.“ Manchmal sitzt Achleitner andächtig neben Röhrl auf dem Beifahrersitz, tief beeindruckt von der Ruhe, die der zweifache Rallyeweltmeister ausstrahlt. Auch der 911-Chef ist ruhig am Lenkrad.
Vielleicht verstehen sich die beiden auch deshalb so gut, weil Röhrl und Achleitner nicht nur ähnlich denken, sondern auch ähnlich lenken. Der eine im Auto, der andere im Unternehmen. Achleitner schöpft Kraft aus dem Inneren – Hektik ist ihm fremd. Andere mögen sich ereifern. Er ist dann ganz bei sich. Auch jetzt, wo sich der neue Elfer erstmals öffentlich zeigt. Es ist August Achleitners Grande Finale als Leiter der Baureihen 718 und 911.
Text Gerald Enzinger
Fotos Christian Grund