Fliegen ist wie eine Meditation
Corinna Schwiegershausen, Weltklasse-Drachenfliegerin aus Bremen, hat schon viele Rekorde geschafft. Mit dem
Im Grunde ist jeder Flug mit einem Drachen oder Gleitschirm ein Abenteuer. Denn ich weiß nie vorher, wohin die Thermik mich tragen wird, wo ich landen werde – und wie ich wieder zu meinem Auto komme, wenn ich im Training alleine unterwegs bin. Da kann schon ein ganzer Alpenkamm dazwischenliegen. Ich bin zum Beispiel mal in Kärnten gestartet und in Brannenburg in Bayern gelandet. Meistens trampe ich dann auf eigene Faust zurück. Bei Wettkämpfen gibt es sogenannte Rückholer, die die Athleten wieder einsammeln.
Bei Abenteuern geht es darum, Herausforderungen zu bestehen und eigene Grenzen zu überwinden. Für mich ist es Teil eines Abenteuers, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren und rasch eine Lösung zu finden. Im November 2018 habe ich erst am letzten Tag meines vierwöchigen Aufenthalts in Brasilien mit meinem Weltrekordversuch Erfolg gehabt: Da habe ich 415 Kilometer in achteinhalb Flugstunden zurückgelegt. Dass etwas angeblich nicht geht, war noch nie ein Argument für mich.
Ich habe alle möglichen Sportarten ausprobiert: Eislaufen, Trampolinspringen, Judo – und dann habe ich das Drachenfliegen für mich entdeckt. Fliegen ist die direkteste Fortbewegungsart, um von A nach B zu gelangen – das entspricht meinem Naturell. Ich liebe das sanfte, lautlose Gleiten. Jeder Flug ist anders, man ist abhängig von den Elementen und muss sich in die Natur einlesen können.
Fliegen ist für mich wie eine Meditation. Alles andere ist ausgeblendet, ich bin dann ganz im Hier und Jetzt. Das Tolle ist, dass ich viele Gegenden der Welt auf eine Weise erkunden kann, wie kein anderer. Zum Beispiel, indem ich ganz dicht an einem Berg vorbeigleite. In Spanien ist es schon vorgekommen, dass Geier oder Adler sich an uns Drachenfliegern orientiert haben und erst losgeflogen sind, wenn wir schon in der Luft waren. Wir sind diesen Tieren dann sehr nahe, man kann jede ihrer Federn sehen.
Ich bin sehr gerne schnell unterwegs. Schon als Kind konnte es für mich beim Karussellfahren nicht hoch und wild genug sein. Mit meinem Flugdrachen komme ich auf bis zu 120 Kilometer pro Stunde, je nach Thermik.
Ja, mir wird heute noch schwindelig, wenn ich ohne meinen Flugdrachen oben am Rand einer Klippe stehe. Mit Drachen ist es dagegen überhaupt kein Problem. Ich habe absolutes Vertrauen in mein Equipment.
Ich arbeite sozusagen mit dem
Mit meinem Flugdrachen sind es bisher rund 3.200 Flugstunden. Die Flugmeilen mit der Lufthansa sind nicht mitgezählt. Als Flugbegleiterin werde ich vorwiegend auf Strecken nach Mittel- und Südamerika eingesetzt, weil ich die dortigen Landessprachen spreche.
Den VW Käfer und den
Spontan würde ich sagen, dass ich gerne als Weltraum-Stewardess bei einem von Sir Richard Bransons Virgin-Galactic-Flügen ins All dabei wäre – Schwerelosigkeit fasziniert mich. Doch das ist vermutlich nicht ganz realistisch. Aber ich möchte unbedingt die 500-Kilometer-Distanz mit dem Flugdrachen knacken.
Interview Andrea Weller
Fotos Corinna Schwiegershausen